Montag, 11. Dezember 2006
Borderpolitics
Seit gestern bin ich auf der Konferenz Borderpolitics of Whitenesss. Sehr spannend.

Nachtrag 15.12.06: Mir hat die Konferenz gefallen. Ich habe viele interessante Vorträge, einige langweilige und wenige ärgerliche gehört. Ich habe Anregungen bekommen, spannende Menschen getroffen und mich wohl gefühlt.

Aber das ging nicht allen so. Seit der Konferenz wird viel diskutiert. Es scheint viele Irritationen zu geben. Viele sind sehr unzufrieden.

Es hört sich sehr vertraut an, was diskutiert wird. Die Irritationen sind ähnliche wie ich sie in Berlin bei der BEST-Konferenz und anderen Diskussionen hatte. Es geht irgendwie um das Problem von Essentialisierungen und Identitätspolitik im Konflikt mit dekonstruktivistischen Ansätzen. Aber so richtig kann ich es noch nicht in Worte fassen. Und noch weniger weiß ich damit umzugehen.

Interessant ist aber, dass ich hier in Sydney nicht so irritiert wurde. Wahrscheinlich bin ich hier so weit (emotional) unbeteiligt, dass mich die Anfeindungen und Auseinandersetzungen weniger treffen.

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Sonntag, 10. Dezember 2006
Not another hijab row
Die letzten zwei Tagen war ich auf einer spannenden Tagung hier in Sydney: Not another hijab row (Nicht noch eine Kopftuchdebatte). Ziel der Tagung war es "New conversations on gender, race, religion and the making of communities" zu fördern. Es ging um die Interdependenzen von Rassismus, Heteronormativität, Islamophobie, etc.

Die beiden Organisatorinnen Tanja Dreher und Chris Ho haben ein tolles Programm auf die Beine gestellt und als ausrichtende Organisation Transforming Cultures (ein Forschungszentrum an der University of Technology Sydney) gewonnen. Die machen auch viele anderen spannenden Programme. Sehr bereichernd für mich.

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Mittwoch, 6. Dezember 2006
Tolerantes Christentum
"Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat den Religionslehrern seines Erzbistums multireligiöse Feiern untersagt." berichtet tagesschau.de.

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Wohnheimsordnung
Es ist verboten
  • die Türen und Fenster offen zu lassen
  • Sachen im Gemeinschaftsraum liegen zu lassen
  • im Zimmer zu bleiben, wenn der Feueralarm losgeht
  • nach dem Kochen nicht sofort (vor dem Essen) abzuwaschen
  • Leute ohne Genehmigung übernachten zu lassen
  • Fahrräder außerhalb des Fahrradraums abzustellen
  • mehr als zwei ChinesInnen in einer Wohnung unterzubringen
  • sich auszusperren
  • nach der Büroöffnungszeit anzureisen
  • ...
Nicht gender-seggregiertes Badezimmer in Wright Village

Wird gegen ein Verbot in einer Wohnung verstoßen, werden alle BewohnerInnen bestraft. Um zu überprüfen, ob keine unerlaubterweise hier wohnt, kommt abends um 21 Uhr jemand mit Generalschlüssel und sieht einfach in die Zimmer rein. Mahnungen über angeblich nicht gezahlte Miete werden nach Deutschland zur sofortigen Bezahlung geschickt. Steckdosen werden frühestens nach einer Woche repariert. Das Toilettenpapier ist selber mitzubringen. Ein Badezimmer für acht Bewohner und -innen reicht.

Dies eine kleine unvollständige Liste der Besonderheiten hier im Wright Village.

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Dienstag, 5. Dezember 2006
Borat
Kürzlich war meine Mitbewohnerin hier im Armidaler Kino. Sie kam ziemlich verwirrt wieder. Nicht wegen des Kinos, sondern wegen des Filmes. Sie meinte, der war durchgängig rassistisch, ging so gar nicht, eigentlich wollte sie rausgehen, aber sie konnte es nicht glauben. Sie hat die ganze Zeit auf die Auflösung gewartet. Ein Ende, dass den Film in eine Kritik am Rassismus umwandelt. Sie kann sich gar nicht vorstellen, dass er einfach nur rassistisch ist. Sie vermutet(e) irgendwie Antirassismus durch absolute Überspitzung rassistischer Stereotypen und Witze, die sich so selber entlarven sollen. Aber irgendwie hat der Film die Auflösung am Ende nicht gegeben. Sie bleibt verwirrt. Und meint das auch bei den anderen KinogängerInnen gesehen zu haben.

Ich habe schon einiges über den Film gehört und gelesen. Ich werde mir ihn mir nicht ansehen und kann mir daher auch keine eigene Meinung bilden. Aber bei soviel kritischre Berichterstattung und der Beschreibung meiner Mitbewohnerin scheint er zumindest fragwürdig zu sein.

Ich finde es sowieso immer fragwürdig, wenn man sich über eine andere Gruppe, als man selber sich zugehörig fühlt, lustig macht. Wenn sich in der britischen Comedyserie "Goodness Gracious Me" 'InderInnen' über 'InderInnen' und ihre Interaktion mit 'BritInnen' lustig machen, ist das ein selbstbewusster Umgang mit Rassismuserfahrungen und ich finde es sehr witzig (und gleichzeitig sehr ernst). Wenn aber ein 'britischer' Comedy-Macher sich eine 'kasachische' Identität zulegt und dann über alles und jeden herzieht, hört sich das für mich problematisch an.

Ich verstehe es daher gut, wenn es viel Kritik gibt. Im australischen Fernsehen wurde von Kritik aus Kasachstan berichtet. Vor einiger Zeit habe ich entweder in der taz oder auf tagesschau.de gelesen, dass sich Roma in Deutschland beschwert haben. Nun berichtet tagesschau.de über eine Klage von 'rumänischen' Roma. Der Bericht nimmt sie nicht wirklich ernst. Damit wird die Entwürdigung weiter getrieben.

Nachtrag 10.12.06: Die Meinungen zu dem Film scheinen sehr geteilt. Ich habe ihn immer noch nicht gesehen. Aber meine Gastgeberin hier in Sydney war gestern drin, hat sehr gelacht und fand ihn eine gelungene Kritik an den USA.

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Montag, 4. Dezember 2006
Weihnachtspflicht
Ich habe meinen Rückflug bewusst nach Weihnachten gelegt. Mir liegt nicht viel an diesem Ritual. Ein nettes Familientreffen mag ich, aber muss es mit dem symbolisch aufgeladenen Datum Weihnachten zusammenfallen?

Weihnachtsmann in Sydney

Also, ich bin bewusst Weihnachten hier. Und mir fehlt auch nichts, wenn ich Weihnachten alleine bin. Dass ich jetzt schon mehrere Einladungen zu privaten Weihnachtsfeiern bekommen habe, ist sehr nett. Aber es ist auch ein Zeichen dafür wie unglaublich dominant diese Feier ist, wie wenig frau sich ihrer entziehen kann.

Dabei feiert der Großteil der Menschheit Weihnachten nicht. Es geht auch ohne. Da finde ich es nur gut, wenn auch Kindergärten in Deutschland darauf reagieren und auf Weihnachtsfeiern verzichten. Dass christliche ReligionspädagogInnen dagegen Sturm laufen ist auch klar. Die müssen schließlich das christliche Abendland retten.

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Treptower Park
"Zwei Treptower haben gestern Morgen möglicherweise einen Angriff von rechtsgerichteten Männern auf zwei dunkelhäutige Menschen verhindert. Die 31-jährige Frau und ihr 26-jähriger Begleiter nahmen die beiden Ausländer gegen 4 Uhr in einer S-Bahn auf dem Ring gegen eine verbale volksverhetzende und rassistische Attacke in Schutz, wie die Polizei mitteilte. Die Gruppe von etwa zehn Rechten war an der Frankfurter Allee zugestiegen und grölte in der Bahn herum. Als die beiden Ausländer am Ostkreuz einstiegen, wurden sie sofort rassistisch beleidigt. Der 26-jährige Treptower verbat sich ein solches Verhalten. Beim Ausstieg am S-Bahnhof Treptower Park stießen drei der rechten Männer den 26-Jährigen zu Boden. Einer von ihnen trat gegen den Kopf des Treptowers, bevor die Polizei zur Stelle war. Der Staatsschutz ermittelt." berichtet die taz berlin.

Gut, dass es auch in Treptow Zivilcourage gibt. Ich gehe aber nach wie vor lieber durch den Wrangelkiez zum Schlesischen Tor als nachts durch Treptow.

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Sonntag, 3. Dezember 2006
Certainly
In 'Australien', zumindest in dem kleinen Teil in dem ich bisher war, gibt es eindeutig andere Formen der Höflichkeit und des Umgehen miteinander, als ich sie aus 'Deutschland' kenne.

Am meisten hat mich am Anfang überrascht, dass die Frage "How are you?" tatsächlich ein Antwort erwartet und sogar eine echte ("Heute leider nicht so gut ...") angebracht ist. Nicht nur das, die Frage wird auch erwidert und wieder eine Antwort abgewartet. Sogar an der Supermarktkasse. In 'Deutschland' ziemlich unvorstellbar. Und ich gehe damit auch noch nicht wirklich souverän um.

Ein anderes Beispiel ist die Tourist-Information hier in Armidale. Jedes mal, wenn ich eine Frage habe, bekomme ich ein höchst freundliches "Certainly" zur Antwort. Das macht gleich eine gute Stimmung. Nur beim letzen mal wurde ich mit jedem "Certainly" weniger gut gestimmt. Einen Busplan hatte ich ja noch sicherlich bekommen. Aber ab da wurden meine Fragen zum Fortbewegen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht wirklich beantwortet. Die gute Frau hat entweder meine Fragen nicht verstanden (autofreie Menschen sind hier auch höchst ungewöhnlich) oder sie hatte schlicht keine brauchbaren Informationen für mich (autofreies Fortbewegen gibt es hier eigentlich nicht). Irgendwie passte da dann das "Certainly" nicht mehr.

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Donnerstag, 30. November 2006
Bluff Rock Massaker
In den 1840ern soll es am Bluff Rock in der Nähe von Tenterfield, New England ein Massaker an Aborigines gegeben haben.

Katrina Schlunke ist mit dieser Geschichte aufgewachsen und hat sich später daran gemacht, sie wissenschaftlich zu erkunden. Dabei ist ein spannendes, sehr gut lesbares Buch: Bluff Rock - Autobiography of a massacre, Freemantle, Curtin University Books, 2005 herausgekommen. Katrina Schlunke eröffnet in ihm immer wieder neue Perspektiven auf die 'Geschichte', erkundet unterschiedliches Material (touristische Broschüren, Memoiren, Tagebuchaufzeichnungen, ...) und illustriert so die Konstruktion von ('weißer' Siedler-) Geschichte(n). Dabei beschreibt sie auch immer wieder die Normalität des Tötens und Vertreibens der Aborigines durch die 'weißen' Eindringlinge.

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