Mittwoch, 9. Mai 2012
Hartes Vorgehen
In unserer Gesellschaft gibt es viele verschiedene Gruppierungen, die gerne eine andere Gesellschaft hätten. So hätte die CDU gerne eine konservativere mit weniger 'Ausländer_innen', die Grünen eine ökologisch nachhaltigere, etc. Verfassungskonform ist das alles nicht unbedingt, aber solange nicht zu offensichtlich oder offensiv gegen die Verfassung agiert wird (bzw. gegen die Mächtigen im Land), wird das als Teil des politischen Meinungsbildungsprozesses verstanden. Bei denen, die offensichtlicher nicht allen die gleichen Menschenrechte zugestehen wollen, wie z.B. Pro NRW, gehen die guten Demokrat_innen durchaus auf Distanz, halten aber die Fahne der freien Meinungsäußerung weiter hoch. Die Demokratie muss die Agitation von z.B. Pro NRW verkraften können.

Bei den Salafisten ist die Toleranz aber geringer. Wenn diese auf die Provokationen von Pro NRW gewalttätig reagieren, dann wird hartes Vorgehen angekündigt (siehe tageschau.de) und zwar ein hartes Vorgehen, dass sich rassistischer Ausschlussmechanismen bedient:

"Friedrichs Parteikollege Hans-Peter Uhl forderte die Ausweisung militanter Islamisten. Der "Bild"-Zeitung sagte er, die freiheitlich demokratische Grundordnung müsse von jedem Menschen in Deutschland akzeptiert werden. Wer diese Werte ablehne, "soll unser Land schnellstmöglich verlassen", so Uhl. "Wer aber kein deutscher Staatsbürger ist und hier nur sein krudes Gedankengut verbreiten will oder unseren Sozialstaat ausnutzen will, der muss ausgewiesen werden", sagte der CSU-Politiker weiter."

Menschen,die nicht die deutsche Staatsbürger_innenschaft haben und die "freiheitlich demokratische Grundordnung" ablehnen, scheinen gefährlicher als solche mit deutscher Staatsbürger_innenschaft (von Pro NRW, die NSU, etc.). Warum? Warum kann mensch mit den einen innerhalb Deutschlands fertig werden und muss die anderen ausweisen? Und was hat in dem Zitat die Ausnutzung des Sozialstaats zu suchen? Nutzt Uhl hier nur die aktuellen Gewalttaten, um eine rassistische (und verfassungswidrige) Politik zu fordern?

Auch Innenminister Friedrich fordert rassistische Ausschlüsse:

"In Einzelfällen müsse man auch eine Ausweisung prüfen, so der CSU-Politiker weiter. Dies sei bei kriminellen, verurteilten Gewälttätern unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich. "Sie können aber niemandem eine Staatsbürgerschaft entziehen, wenn er keine andere hat"."

Ich vermute bei diesem Zitat, dass es ihm nicht darum geht, deutsch-deutschen Gewalttätern und Verfassungsfeinden die Staatsbürger_innenschaft zu entziehen. Um die geht es ja im ganzen Beitrag nicht, die gezielten Pro NRW-Provokationen fallen in der Berichterstattung völlig unter den Tisch. Friedrich muss über Menschen reden, die die deutsche Staatsbürger_innenschaft haben, die er aber nicht für Deutsche hält und denen er gerne die Staatsbürger_innenschaft entziehen würde (was nach dem Nationalsozialismus in Deutschland eigentlich nicht mehr passieren sollte), was er aufgrund der aktuellen Rechtslage aber leider nicht machen kann.

Eine (in meiner Lesart verfassungskonforme) Gleichbehandlung aller Menschen würde bedeuten, dass Menschen unabhängig ihrer Staatsbürger_innenschaft gleich behandelt werden. Ausweisung und Entzug von Staatsbürger_innenschaft kann nicht das Mittel für Strafverfolgung sein. Straftaten Einzelner dürfen nicht für rassistische Hetze gegen ganze Bevölkerungsgruppen ausgenutzt werden. Und die Sehschärfe auf dem rechten Auge sollte erhöht werden.

Nachtrag: In der taz heute eine weniger alarmistischer Bericht: Polizei macht Peace mit Salafisten.

Nachtrag 11.05.12: Die taz berichtet von weiteren verfassungswidrigen Forderungen von deutschen Politiker_innen:

"sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) forderte, "notfalls" die Grundrechte von Salafisten wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken."

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