Samstag, 7. April 2018
Berlinale: Migration
Im Spielfilm Lemonade erzählt Ioana Uricaru, wie die rumänische Krankenpflegerin Mara versucht, für sich und ihren Sohn in den USA eine Zukunft aufzubauen. Angesichts der äußerst restriktiven Zuwanderungsregelungen gibt dies Männern die Möglichkeit sie sexuell auszubeuten und zu missbrauchen. Ein starker Film mit einer starken Frauenfigur. [Passt auch gut zu unserer Tagung: Care - Migration - Gender Anfang 2019.]

Eine starke Frauenfigur ist auch die Protagonistin des Dokumentarfilms MATANGI / MAYA / M.I.A.. Der Filmemacher Steve Loveridge nutzt überwiegend Videomaterial, dass die Künstlerin M.I.A. seit Teenager-Tagen selbst aufgenommen hat, und macht daraus ein Porträt von M.I.A., dass sich vor allem mit ihrer Herkunft aus Sri Lanka, der Rolle ihres Vaters bei den Tamil Tigers und dem Konflikt in Sri Lanka beschäftigt. Eindrucksvoll.

Auch beim Spielfilm Fortuna steht ein Mädchen im Mittelpunkt. Allerdings bin ich vom Film nicht so überzeugt. Das Thema der sexuellen Ausbeutung wird mir zu wenig behandelt (es wir nur gezeigt). Die christlichen Männer zu wenig hinterfragt. Die muslimischen zu stereotyp gezeichnet. Das Visuelle scheint mir die Geschichte zu überlagern. Die Bilder sind sehr schön und sehr inszeniert. Die Geschichte muss sich an sie anpassen.

0 Kommentare in: migration   ... comment ... link


Sonntag, 27. September 2015
Von Hochqualifzierten, Willkommenskultur und Abschottung
Am Montag war ich auf einer Tagung des BAMF zur Migration aus Indien. Anlass war die neue BAMF-Studie zum Thema.

Tagung Migration aus Indien


Aufgrund der aktuellen Entwicklungen war einiges anders als geplant. So ist z.B. der Konferenzraum des BAMF zu einem Computerraum umgewandelt worden und wir tagten in der Baptistengemeinde unter einem großen Kreuz. Zudem stellte sich parallel zur Veranstaltung der neue Chef vor, weshalb die Beteiligung von BAMF-Mitarbeitenden weniger als geplant war.

Tenor der Tagung war ganz eindeutig, dass hochqualifizierte Migration aus Indien gewünscht ist und gefördert werden soll (Stichwort: Computer-Inder). - Nicht-hochqualifizierte Migration aus der Region wurde kaum bis gar nicht thematisiert. - Der Leitgedanke dabei war: Fachkräftemangel. Auf diesen warf allerdings der Vortrag einer GIZ-Vertreterin einen interessanten Blick. Sie erzählte, dass sie sich in einem Modelprojekt (im Rahmen der Make it in Germany-Kampagne, wenn ich es richtig verstanden habe) darum bemühten, kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland indische Fachkräfte zu vermitteln. Aber obwohl letztere hochqualifiziert sind, griffen die Unternehmen kaum zu. Ihre Schlussfolgerung war, dass es mit dem Fachkräftemangel doch nicht so weit her sei, denn dann würden sich die Unternehmen mehr bemühen, wie es z.B. im Bereich der Pflegekräfte geschehe.

Ein Referent, der aus den USA angereist war, begann seinen Vortrag damit, dass die Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland den Ruf Deutschlands international unheimlich gefördert hat, mehr als jede Make-it-in-Germany-Kampagne. Von der neuen 'Willkomenskultur' hatte er in New York viel gehört. An ihm vorbei gegangen war allerdings, dass das Willkommen schon wieder vorbei ist und gerade wieder die Festungsmauern aufgebaut werden (mehr dazu bei Pro Asyl).

Es ging auch viel darum, wie den indische Hochqualifzierte nach Deutschland gelockt werden können. Eine Studie ergab dabei, dass nicht nur die deutsche Sprache und fehlende Community-Strukturen gegen Deutschland sprechen würden, sondern auch die Angst vor rassistischen Übergriffen. Ein Vertreter eines (wohl wirtschaftsnahen) deutsch-indischen Vereins ging vor allem auf die Sprache ein und forderte mehr Bilingualität (Deutsch/ Englisch) in Deutschland. Zudem sprach er sich - obwohl CSU-Politiker - für ein Punktesystem für die Einwanderung aus. Und er widersprach dem Referenten aus den USA: er könne sich nicht vorstellen, dass die Willkommenskultur für Flüchtlinge indische Hochqualifzierte motivieren würde, nach Deutschland zu kommen. So wie er sich präsentierte, habe ich ihm das geglaubt. Die Hochqualifizierten (wie er selbst) waren ihm sehr viel näher als die Flüchtenden aus Krisenregionen.

So war die BAMF-Tagung viel spannender als ich gedacht hatte.

0 Kommentare in: migration   ... comment ... link


Donnerstag, 27. August 2015
Arbeitsmigration


tagesschau.de berichtet, dass viele Migrant_innen aus der EU nach Großbritannien kommen. Bei unserer Wanderung durch die Cotswolds konnten wir dies auch beobachten. Insbesondere in den Bussen wurden alle möglichen Sprachen gesprochen. Und das von Menschen, die so aussahen, als ob sie gerade von der Arbeit kamen.

In Bourton-on-the-Water sprach uns der Fisch & Chips-Verkäufer an, wo wir denn herkämen. Auf unsere Rückfrage erklärte er , er käme aus der Slowakei (so wie auch sein Kollege). Und besser als in der Slowakei sei sein Job in Bourton alle mal. Für Europas Wirtschaft sah er schwarz. Uns gab er gratis eine Extra-Portion Ketchup (und nicht Vinegar).

Auf BBC One wurde derweil berichtet, dass es zu viel illegale Migration nach Großbritannien gäbe und die Regierung dagegen vorgehen wolle.

Die Ablehnung gegen die EU machte auch ein Souvenirladen in Moreton-in-Marsh deutlich:

An einem Souvenierladen in den Cotswolds.


Den Laden boykottieren konnten wir nicht. Er hatte nicht nur geschlossen, sondern auch wirklich nichts, was wir hätten kaufen wollen.

1 Kommentar in: migration   ... comment ... link


Dienstag, 17. Februar 2015
Berlinale: Filme zu Migration
Gestartet bin ich in die Berlinale mit dem Dokumentarfilm Flotel Europa von Vladimir Tomic. Auf dem Schiff Flotel Europa wurden 1992 in Kopenhagen Flüchtlinge aus Bosnien untergebracht und blieben dort zum Teil über zwei Jahre (wie heute gab es damals einen Mangel an Unterkünften für Flüchtlinge und die provisorischen Unterbringungen waren zum Teil nicht menschenwürdig). Tomic lebte als Kind auf dem Schiff. Für seinen Dokumentarfilm nutzt er Videomaterial, das damals aufgenommen wurde, um Familie und Freund_innen in Bosnien Grüße aus dem Exil zu schicken. Dieses verbindet Tomic mit einer Erzählung über sein Leben an Bord und produziert so einen sehr beeindruckenden Dokumentarfilm. Das Arsenal zeigt Flotel Europa diese Woche am Mittwoch.

Berlinale Q&A nach dem Film Hotline


Im Dokumentarfilm Hotline stellt Silvina Landsman die israelische Organisation Hotline für Migranten vor. Sie porträtiert die Beratung von Migrant_innen, den juristischen Kampf für ihre Rechte sowie die politische Arbeit der Hotline. Ein beeindruckender Film über Ausgrenzung und den Kampf dagegen.

Berlinale Q&A zu Iraqi Odyssey


Der Schweizer Filmemacher Samir geht im Dokumentarfilm Iraqi Odyssey der Geschichte seiner irakischen Familie, die über den ganzen Erdball verteilt lebt, und der Geschichte Iraks nach. Spannend ist seine Familie nicht nur, weil sie zur säkularen Mittelschicht gehört sondern sich auch lange im Rahmen der kommunistischen Partei engagiert hat. Auch dieser Dokumentarfilm ist beeindruckend, gut gemacht und informativ (und in 3D). Begleitend zum Film wurde eine Webseite gestartet, auf der irakische Geschichten gesammelt werden sollen.

Berlinale Q&A Mizu no koe o kiku


Während ich von den Dokumentarfilmen beeindruckt war, sprachen mich die Spielfilme nicht so an. Im japanischen Film Mizu no koe o kiku stehen koreanische Japaner_innen im Zentrum. In Anlehnung an koreanische Rituale bauen sie eine kommerziell ausgerichtete Sekte auf und sind damit erstmal sehr erfolgreich. Die Idee hat mir gut gefallen, aber mit der Erzählweise bin ich nicht so recht zurecht gekommen (das ging mir bei einem anderen japanischen Film auch so).

Der koreanische Film Gukje shijang war hingegen sehr einfach aufgebaut. Er erzählt die Geschichte eines Mannes/ einer Familie, die durch den Koreakrieg aus dem Norden des Landes vertrieben und getrennt wurde. Das ist inhaltlich spannend, filmisch aber sehr kitschig und langweilig umgesetzt. Spannend für mich war vor allem, dass es Sequenzen in Deutschland gab. Der Protagonist geht als Bergarbeiter in die BRD, um Geld für seine Familie zu verdienen (da sie im Krieg vom Vater getrennt wurden, trägt er als ältester Sohn die Verantwortung). In Duisburg lernt er eine koreanische Krankenschwester kennen, verliebt sich und heiratet sie später in Südkorea. Da ist auch viel deutsche Migrationsgeschichte drinnen und ich hatte den Eindruck, dass im Publikum viele Personen waren, die selbst eine ähnliche Migrationsgeschichte hatten. Da es aber zu keiner Diskussion nach dem Film kam, konnten sie sich nicht äußern. Das war Schade.

0 Kommentare in: migration   ... comment ... link


Donnerstag, 20. Februar 2014
Berlinale: Rund um Migration
Im Dokumentarfilm Amma & Appa porträtieren die Filmemacher_innen Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian die Reaktionen ihrer Eltern auf ihre Liebesbeziehung. Die Kamera begleitet auch eine Reise der Schönenbergers (aus Bayern) zu den Subramanians (in Tamil Nadu). Ein witzig gemachter Film, der vorallem Franziska Schönenbergers (oft naive) Perspektive darstellt. Ich hätte gerne gehört und gesehen wie Jayakrishnan Subramanian die Begegnungen wahrnimmt und einschätzt.

To Singapore, with love ist ein weiterer Dokumtarfilm. Tan Pin Pin hat singaporianische Exilant_innen in Thailand und Großbritannien (zumindest vorallem da) besucht und zu ihrem Exil-Status (der schon viele Jahrzehnte besteht, seit den 1960ern bzw. 1970ern) befragt. Dabei erzählt sie auch, wie diese Menschen in die Flucht getrieben wurden. Eine spannende Auseinandersetzung damit was Exil für Menschen bedeutet.

Im Spielfilm Anderswo ist die Israelin Noa die Hauptfigur. Sie lebt in Berlin, mit deutschem Freund, kommt nicht weiter mit ihrer Abschlussarbeit an der Uni und fliegt daher kurz entschlossen für ein paar Tage zu ihrer Familie in Tel Aviv. Ein Film über die Suche nach Geborgenheit (die Filmemacherin sagte, ein Film über Heimat und Heimatlosigkeit). Sehenswert.

Als Vorfilm zu Anderswo lief der Kurz(spiel)film El carro azul. Ein Kubaner kommt nach dem Tod seiner Großmutter zurück, um sich um seinen jüngeren Bruder zu kümmern. Dabei nimmt er alle Figuren ernst, ohne sie vorzuführen.

Der Spielfilm Kumun Tadi schliesslich nimmt die Zuschauenden an die türkische Schwarzmeerküste. Hamit verdient sein Geld damit Menschen, die in die EU einwandern wollen, zur Küste zu fahren und einem Schiff zu übergeben. Die Ausländerin Denise arbeitet als Botanikerin an der Küste und soll das Land wieder verlassen. Ein einprägsamer Film mit beeindruckenden Bildern in düsterer Farbe.

0 Kommentare in: migration   ... comment ... link


Donnerstag, 17. März 2011
Libyen und Südasien
Meine Quellen sind nicht mehr die neuesten, aber die Nachricht wird immer noch aktuell sein. In Libyen haben viele Menschen aus Südasien gearbeitet und sind jetzt von dem Bürgerkrieg bedroht. Die taz hat am 04.03.11 berichtet:

" Ein hundert Meter breiter Grenzstreifen trennt in Ras Ajdir Tunesien von Libyen. Der Asphalt fehlt, nur steiniger Grund. Der Wind wirbelt Staub auf. Es riecht schlecht. Hüben weht die rote Fahne mit dem tunesischen Halbmond, die zum Symbol der arabischen Revolution geworden ist, drüben das grüne Tuch des Reiches von Muammar al-Gaddafi. Hüben stehen Soldaten und Nationalgardisten, drüben ist, außer den ununterbrochen ankommenden Menschen mit schwerem Gepäck, niemand zu sehen. Es sind Chinesen, Vietnamesen, Inder, Bangladescher und vor allem Ägypter. Die tunesischen Beamten schauen kaum in die Pässe und winken sie freundlich durch."

Schon am 22.02.11 hatte BBC World davon berichtet, dass Südasiat_innen Libyen verlassen wollen und sich die südasiatischen Regierungen auf die Evakuierung vorbereiten. Im Fall der Bangladeschi scheint das nicht besonders gut geklappt zu haben. Die taz berichtet am 06.03.11:

" Sorgenkind der Helfer sind längst nicht mehr die Ägypter, die die überwältigende Mehrheit der Flüchtlinge gestellt haben, sondern die Menschen aus Bangladesch. Die dortige Regierung tut nichts für sie. Die Wege sind weit, der Transport ist teuer. Deshalb sitzen sie im Durchgangslager und wissen nicht, wann und wie es weitergehen wird."

Aber auch jene Bangladeschis, die nach Europa gebracht werden, sind weiter in Gefahr. Der Blog Clandestinenglish berichtet am 06.03.11:

" A human tragedy occurred at down at the port of Souda when 46 immigrants from Bangladesh jumped from the ferry “Ionian King” into the sea. The ferry was carrying evacuees from Libya. When the boat reached the Cretan port of Souda, the immigrants saw police on the coast and jumped into the sea, fearing that they would be arrested and deported. At least 3 immigrants lost their lives, while 16 are reportedly still missing."

BBC World berichtet heute über Bangladeschis, die es nach Bangladesch geschafft haben. Dabei beschreibt der Artikel auch die katastrophalen Wirtschaftlichen Folgen, die die Evakuierung für die Arbeiter_innen haben kann:

" But for now, the question is what will happen to those workers who have returned from Libya.
"I took a loan of about $3,000 (£1,861; 2,142 euros) to go to Libya. I have paid back 50% of my loan. I thought that if I could work in Libya for four to five years, I could pay back all the loans. Unfortunately, I had to come back. I do not have any money now," says Mr Rahman.
He has to support five of his family members, including his ageing parents. Still the family does not know whether he will get a job or whether there will be any opportunity to go back to Libya."

0 Kommentare in: migration   ... comment ... link


Donnerstag, 7. September 2006
Brain drain und gain
Wie die taz berichtet sind 'MigrantInnen' eine wichtige Ressource für ihre Herkunftsländer:

"Aus wirtschaftlicher Sicht hätten Migranten im vergangenen Jahr 232 Milliarden US-Dollar in ihre Heimatländer überwiesen. Davon seien 167 Milliarden US-Dollar in Entwicklungsländer geflossen. Diese Summe sei höher als die weltweiten Ausgaben für Entwicklungshilfe."

In den Ländern des Südens wird daher für eine Liberalisierung der Migration von Menschen (und nicht nur des Kapitals) plädiert, siehe dazu u.a. meinen Artikel.

Wenn die reichen Länder des Nordens aber gezielt ausgebildete Fachkräfte abwerben, dann kann der Brain Drain für die Herkunftsländer bedrohlich werden. Die taz berichtet, wie aus den Philippinen ÄrztInnen und KrankenpflegerInnen abgeworben werden und wie das philippinische Gesundheitssystem darunter leidet. Das aber ist nicht einfach ein philippinisches Problem:

"Einig sind sich Tan und Olivé, dass die Misere auch den Industriestaaten anzulasten ist. "Es muss ein bilaterales Abkommen geben, das die Philippinen schützt. Die reichen Länder können nicht nur nehmen und profitieren und nichts zurückgeben", so der WHO-Chef. "Wir brauchen Kompensation! Für jeden Arzt oder jede Schwester, die rekrutiert werden, müsste Geld in einen Fonds fließen. Aus diesem Topf können dann Stipendien finanziert oder Kliniken renoviert werden. Das geht nicht von heute auf morgen, aber wir müssen wenigstens damit anfangen", fordert Tan."

0 Kommentare in: migration   ... comment ... link