Mittwoch, 25. September 2024
Nach der Feldforschung
urmila, 22:43h
Vor der Feldforschung hatte ich mir ja schon das Lehrbuch für die Fleischer_innen gekauft. Damit verstehe ich aber noch nicht ausreichend, was die Verkäufer_innen lernen. Also habe ich das auch noch bei meiner Buchhandlung des Vertrauens (feministisch, queer, kritisch) bestellt. Und als ich da zum Abholen ankam, fragte mich die Buchändlerin*, ob ich mich beim Bestellen verklickt habe. Das Buch passte nicht so recht in mein Buchprofil bisher. Daraus entwickelte sich dann ein Gespräch über meine Feldforschung und die Ähnlichkeiten/Unterschiede des Verkaufens in einer Fleischerei und einer Buchhandlung. Letzere muss nicht auf Hygiene achten und Maschinen reinigen. Die Kund_innen sind meistens nett, manchmal aber auch ganz unreflektiert sexistisch. Und dann muss die Verkaufende überlegen, wie sie damit umgeht. Da unterscheiden sich Fleischerei und Buchhandlung dann nicht mehr so sehr.
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Sonntag, 22. September 2024
Feldforschung: Tag 11
urmila, 17:38h
Am elften Tag meiner Feldforschung stand für das dritte Lehrjahr Praxis auf dem Stundenplan.
Vormittags wurde vor den Augen der Fleischereifachverkaufenden-Azubis ein Rinderhinterviertel fachmännisch zerlegt, die einzelnen Teile benannt und jeweils besprochen, was daraus zubereitet werden kann. Für die Abschlussprüfung müssen sie das wissen. Ich weiss jetzt auch einiges mehr. Unter anderem, dass das Zerlegen harte Arbeit ist und gekonnt werden muss.
Können müssen das in der Abschlussprüfung die Fleischer_innen-Azubis. Die hatten nachmittags aber andere Themen: Es ging um die Zubereitung von Pasteten, Lyoner und Pfefferbeissern. Am Rande stand ich und habe versucht, zu verstehen, wer was macht.
Sowohl vor- als auch nachmittags nahm das Reinigen der Geräte und des Raumes einen großen Raum ein.
Und damit ist meine Feldforschung erstmal beendet. Mehr Zeit habe ich gerade nicht, aber ich werde wieder kommen.
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Samstag, 21. September 2024
Feldforschung: Tag 10
urmila, 17:22h
Der zehnte Tag Feldforschung war etwas anstrengend, da ich abends noch einen Interviewtermin hatte. So habe ich es nicht geschafft, am gleichen Tag zu posten. Spannend war der zehnte Tag aber auf jeden Fall.
In Geschichte ging es um die Europäische Union, um die römischen Verträge, um Maastricht und Schengen. Für die asiatischen Azubis mehr als relevant, denn nur so können sie innerhalb der EU mobil sein. Und weil sie die Außengrenze übertreten mussten, also erstmal ein Schengen-Visum bekommen mussten. Angesichts der aktuellen Diskussionen über Grenzkontrollen wirkte die Geschichtsstunde dann aber doch eher historisch relevant.
So auch das Wirtschaftskundebuch. Der Wirtschaftslehrer, Anfang dreißig, entschuldigte sich mehr oder weniger für dessen Inhalte. Überweisungsträger und Kontoauszüge seien heute nicht wirklich mehr relevant, aber halt noch im Lehrbuch.
Beim Währungsrechnen wunderten sich die Azubis über die veralteten Kurse. Sie wussten wohl das der Schweizer Franken stärker als der Euro ist, etc. Zu lange sollte mensch Unterrichtsmaterialien nicht nutzen.
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Dienstag, 17. September 2024
Feldforschung: Tag 9
urmila, 20:44h
Heute war ich wieder in der Berufsschule. 2. und 3. Ausbildungsjahr Fleischer_in. Berufstheorie und Rechnen, Religion, Deutsch und Englisch.
In Berufstheorie habe ich Neues über Muskelaufbau und Fleischreifung gelernt. Spannend.
In Englisch habe ich mich gefragt, was das soll. Auf der einen Seite, die Azubis aus der Region, die meisten mit Hauptschulabschluss, die meisten zwischen 16 und 19 Jahren, von denen angenommen wird, sie könnten wenig bis kein Englisch. Auf der anderen Seite die asiatischen Azubis zwischen Mitte und Ende Zwanzig, die alle schon eine Ausbildung haben und sich mit mir zum Teil in Englisch unterhalten. Diese nun auf Deutsch an das Englische heranzuführen, wenn sie sich das Deutsche ins Englisch übersetzen, um es richtig zu verstehen, muss scheitern. Lehrerin in dieser Klasse würde ich nicht sein wollen, denn das ist eine nahezu unmögliche Aufgabe. Eigentlich müsste die Klasse getrennt werden, damit die asiatischen Azubis auch ihr Englisch verbessern können und nicht nur ihre Zeit absitzen.
Überhaupt ist das ein Problem. Die asiatischen Azubis sind Lernen gewohnt. Sie haben viel investiert, um nach Deutschland zu kommen. Sie wollen erfolgreich sein. Und dann sitzen sie in einem Klassenraum mit Teenagern aus der Region, die zum großen Teil nur wenig Lust auf Lernen haben. Da ist es schwierig, einen passenden pädagogischen Zugang zu beiden Gruppen gleichzeitig zu finden. Und die Gruppen sind natürlich auch noch in sich heterogen.
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Montag, 16. September 2024
Feldforschung: Tag 8
urmila, 21:27h
Diese Woche begleite ich die Fleischer-Azubis in die Berufsschule. Heute war das erste Lehrjahr dran: Organisatorisches, Deutsch, Berufstheorie, Rechnen. Gelernt habe ich etwas zur Unterscheidung von Roh-, Koch- und Brühwürsten.
In Deutsch wurde ein B1-Test mit allen Azubis gemacht. Die Klasse wird dann geteilt, in die mit besonderen Förderbedarf und jene ohne. Die ersteren bekommen einen zusätzlichen Lehrer. Wie die Teilung vorgenommen wird, steht erst nächste Woche fest, da bin ich leider nicht mehr da. Die asiatischen Azubis haben alle schon eine B1-Prüfung hinter sich. Gibt ihnen das einen Vorteil gegenüber den deutschen Azubis? Die haben überwiegend nur Hauptschulabschluss, während etliche der asiatischen Azubis einen Uniabschluss haben.
Von den insgesamt 12 asiatischen Azubis dieses Jahrgangs waren allerdings nur drei da. Die anderen warten noch auf ihr Visum. Und verpassen dabei die Schule.
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Sonntag, 15. September 2024
Feldforschung: Tag 7
urmila, 20:50h
Die Fleischerei hat heute zu. Ich habe frei. Schlafe lang. Frühstücke ganz in Ruhe und ausgiebig. Halte mich viel im Freien auf (nach der Woche im Inneren der Fleischerei).
Abends muss ich dann leider noch Unisachen am Computer machen.
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Samstag, 14. September 2024
Feldforschung: Tag 6
urmila, 22:48h
Für den Einzelhandel ist die Arbeitswoche nicht am Freitag zu Ende. Am Samstag ist noch ein wichtiger Verkaufstag. Da könnte auch noch bis in den Abend verkauft werden, damit die Angestellten aber nicht ganz so lange arbeiten müssen, schliesst der Laden um 13.00 Uhr. Das Catering läuft allerdings noch weiter.
Die Azubis müssen am Samstag nicht arbeiten. Da die asiatischen Azubis aber viel Geld in ihre Vermittlung nach Deutschland gesteckt haben und viele auch ihre Familien finanziell unterstützen wollen, reicht das Azubi-Gehalt nicht. Auch nicht wenn die Miete auf 300 € gedeckelt ist. Also machen sie von der Möglichkeit Gebrauch, während der Ausbildung im eigenen Betrieb einen Minijob machen zu können. Auf maximal 48 Stunden Arbeit dürfen sie in der Woche kommen (inklusive Gewerbeschule).
Und so haben heute auch die Azubis gearbeitet. Und damit auch ich. Wir waren aber alle froh, als der Laden gegen 13.45 Uhr fertig aufgeräumt war und wir in das Wochenenende gehen konnten. Dumm nur, dass ich da noch Feldnotizen schreiben muss und allerlei Emails bearbeiten.
Heute war mein letzter Tag in der Fleischerei. Nächste Woche gehe ich in die Gewerbeschule. Und auch wenn eine Woche teilnehmende Beobachtung sehr kurz ist, habe ich doch wichtige Einblicke gewinnen können.
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Freitag, 13. September 2024
Feldforschung: Tag 5
urmila, 21:59h
In so einer Fleischerei fällt sehr viel zum Spülen an, insbesondere wenn Catering und Mittagstisch angeboten werden. Und so läuft die Spülmaschine Non-stop von morgensfrüh bis Feierabend. Zwei Menschen sind dafür angestellt in zwei Schichten, die Spülarbeiten zu übernehmen. Wenn diese Angestellten aber nicht da sind, müssen die Arbeiten von anderen übernommen werden. Dann steht auch mal der Chef oder eine der erfahrenen Verkäuferinnen am Gerät. Der Azubi aus dem zweiten Lehrjahr, musste diese Woche mehrmals die Aufgabe übernehmen. Während die aus dem dritten Lehrjahr Brät oder Salate zubereiteten.
Das neue Ausbildungsjahr hat schon angefangen. Aber die beiden neuen Azubis sind noch nicht da. Das Visum fehlt noch. Mal sehen, wie lange es noch dauert.
Mir wurde derweil von einer Kollegin angeboten, dass ich bei ihnen anfangen könne, wenn ich einen Job bräuchte. Gut zu wissen als prekäre Wissenschaftlerin.
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Donnerstag, 12. September 2024
Felforschung: Tag 4
urmila, 23:04h
Heutenachmittag als ich gerade dabei war, der Azubi zuzuarbeiten, kam der Chef zu mir: "Du kannst Tomaten-Mozarella-Platten? Dann brauche ich fünf." Und so habe ich meinen ersten größeren eigenen Arbeitsauftrag bekommen. Mein Eindruck in dieser Fleischerei ist: Wer sich engagiert, sich dabei nicht allzu dumm anstellt (Fehler werden verziehen, fehlendes Engagement weniger), die* wird auch integriert in das Team. Ich bin überrascht, wie sehr Teil ich am vierten Tag schon bin. Da scheint egal, dass ich Forscherin aus der Uni bin. Und da ist wohl auch egal, woher jemand kommt. Die Arbeit muss stimmen. Als ich früher als sonst gehe, weil ich noch auf eine Veranstaltung zur Fachkräfteanwerbung will (zusammen mit einem Azubi), werde ich etwas besorgt gefragt - zumindest so scheint es mir - ob ich morgen komme.
Teilnehmende Beobachtung gibt mir Einblicke in den Arbeitsalltag und eröffnet mir Gespräche. Nur zum Feldnotizenschreiben bleibt nach dem langen Arbeitstag etwas wenig Zeit.
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Mittwoch, 11. September 2024
Feldforschung: Tag 3
urmila, 22:13h
Heute habe ich die Azubis begleitet, die die Ausbildung zur Fleischer_in machen. Da konnte ich weniger helfen. Die Maschinen und Messer kann ich nicht bedienen. Das Fleisch und die Zubereitungsformen kenne ich nicht. Aber gelernt habe ich viel. Zum Beispiel wie das Brät hergestellt wird. Und konnte dann später am Tag wieder mithelfen, die Produkte aus dem Brät an der warmen Theke zu verkaufen.
Während ich nicht so viel arbeiten konnte, gab es eine ganze Reihe von Gelegenheiten zu Gesprächen. Die asiatischen Azubis sind ganz schön unterschiedlich. Auch da lerne ich einiges zu. Und auch aus den Gesprächen mit Kolleg_innen, die nicht aus Asien angeworben wurden.
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