Sonntag, 27. Oktober 2013
Der schwarze Mann und die Kinder
Rassistische Bilder sind unheimlich beständig. Gerade führt das Bild der Kinder stehlenden Zigeuner (ich benutzte hier bewusst das rassistische Wort, weil das Teil des Bildes ist) zu Kriminalisierung von Roma.

So schrieb vor knapp einer Woche auch die taz:

"Ein möglicherweise schon als Baby entführtes Kind ist in Griechenland gefunden worden. Bei der Durchsuchung eines Roma-Dorfes im mittelgriechischen Farsala entdeckten Polizisten ein circa vierjähriges Mädchen, das auf den Namen Maria hört. Das Kind war den Ermittlern wegen seiner blonden Haare und grünen Augen aufgefallen. Zudem hatte es keinerlei Ähnlichkeit mit dem Roma-Paar, das sich als Marias Eltern ausgab. "

Das sind gleich mehrere Rassismen, die hier unhinterfragt reproduziert werden. Erstens, wird auf Basis von Phänotyp festgestellt, dass ein Kind nicht zu Eltern passt. Zweitens, weil das Kind 'weiß' ist, muss es unrechtmässig in die Familie gekommen sein. Drittens, da die Eltern Roma sind, müssen sie das Kind entführt haben. Rassismus ist hier natürlich auch heteronormativ, da es biologische und soziale Elternschaft gleichsetzt.

Kurz nach dem griechischen Fall wurden auch in Irland Roma-Familien denunziert und Kinder aus Familien genommen. Da Untersuchungen, dann feststellten, dass die Eltern allerdings tatsächlich auch biologische Eltern waren, mussten die Kinder zurückgegeben werden und es gibt eine Diskussion um die Unverhältnismässigkeit der Mittel. In der taz schreibt Ralf Sotscheck:

"Zigeuner sind schwarzhaarig und glutäugig. Eine siebenjährige Blondine mit blauen Augen passt nicht in das Bild, das man sich in Irland von Sinti und Roma macht. Nachdem im irischen Fernsehen ein Bericht über die kleine Maria lief, die in Griechenland bei einer Roma-Familie lebte, mit der sie nicht verwandt ist, informierte eine Bürgerin am Montag einen TV-Sender über einen vermeintlich ähnlichen Fall in Dublin. Der Sender schickte einen Reporter, und der schaltete die Polizei ein. Die Beamten überprüften die Sache."

und beschreibt damit gut, die antiziganistischen Bilder, die in diesen Fällen wirken (auch in der taz). Auch in der taz analysiert Norbert Mappes-Niedick das antiziganistische Bild der Kindsentführung:

"Weder die irische noch die griechische Geschichte bietet nur einen Schatten eines Motivs. Ein Muster von tatsächlichem Kinderraub durch Roma gibt es nicht. Ein solches Schema ist nicht dokumentiert, auch nicht historisch. Was es aber gibt, ist ein Muster von Geschichten. Dass demnächst der „schwarze Mann“ kommt und einen mitnimmt, ist fester Bestandteil der Gruselpädagogik nicht nur auf dem Balkan. "

Es wirkt in Griechenland, Irland, Serbien, Großbritannien, Deutschland, etc. Nicht nur als Bild, sondern durch konkrete Eingriffe in familiäres Leben, durch Kriminalisierung und Angriffe.

Jetzt berichtet u.a. die taz, dass die biologischen Eltern des griechischen Kindes in Bulgarien gefunden wurden. Und weiter wird von Entführung und Kindshandel gesprochen. In der rassistischen Logik muss davon ausgegangen werden, dass verabscheuungswürdige Motive dazu führten, dass das Kind nicht bei den biologischen Eltern ist. Wären die Eltern weiße verheiratete Mittelschichs-Deutsche, wären die Vermutungen wohl andere, viel weniger vorverurteilend.

Nachtrag 07.11.13: Die taz berichtet so nebenbei:

"Und auch der Fall der griechischen Maria klärte sich recht unspektakulär auf: Das Mädchen war ihren Zieheltern im Roma-Camp laut Aussage dessen leiblicher Mutter, einer bulgarischen Roma, freiwillig übergeben worden, als diese vor vier Jahren als Erntehelferin in Griechenland arbeitete."

Das hätte etwas größer aufgemacht werden sollen, nachdem die taz vorher auch immer wieder von Entführung geschrieben hat.

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Der Zentralrat der Sinti und Roma
kritisiert die Berichterstattung wie die taz berichtet.

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