Sonntag, 19. Dezember 2010
Schärfste Bestimmungen
Die Schweiz hat für die Ausschaffungsinitiative gestimmt (siehe taz). Laut taz:

"Bei einer Annahme der Initiative hätte die Schweiz künftig die schärfsten Bestimmungen in ganz Europa. Zwar sehen die Gesetze fast aller Länder die Möglichkeit vor, straffällig gewordene Ausländer auszuweisen. Doch nur in Deutschland und Großbritannien gibt es Bestimmungen für eine "zwingende Ausweisung" ausländischer Personen, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren (Deutschland) bzw. von einem Jahr (Großbritannien) verurteilt wurden. Doch die britischen Behörden wenden das noch unter Premierminister Tony Blair verabschiedete Gesetz "UK Border Act 2007" bis heute nicht an."

Das heisst, de facto hat Deutschland noch die schärfsten Bestimmungen (da das Schweizer Abstimmungsergebniss erst noch umgesetzt werden muss).

In Bayern gibt es erste zaghafte Ansätze die Unterbringung von Asylbewerber_innen weniger menschenunwürdig zu gestalten, aber wie die taz titelt Ein paar Eimer Farbe reichen nicht, insbesondere wenn CSU-Politiker_innen meinen:

"Für die Zustände in Bädern und Küchen könne man auch gar nichts, meint Petra Platzgummer-Martin. "Die Hygiene ist Aufgabe der Bewohner", erklärt sie und sagt allen Ernstes: "Die meisten von ihnen sind putzen und abspülen nicht gewohnt." "

Erschreckend ist auch die Aussage eines FDP-Politikers bei einem Abschiebungsfall, die die taz zitiert:

""Manchmal geht der Mensch vor den Gesetzen", fin- det Tobias Thalhammer von der FDP."

Sollten die Gesetze nicht für die Menschen da sein? Wenn schützen die Gesetze, wenn nur im Ausnahmefall der Mensch im Mittelpunkt steht?

Im Abschiebegewahrsam wird der Mensch auf jeden Fall nicht geschützt, wie die taz berlin ganz kurz meldet: "Der Flüchtlingsseelsorger Ludger Hillebrand hat die Polizei erneut aufgefordert, die medizinische Versorgung der Häftlinge im Abschiebegewahrsam zu verbessern. Selbst schwerste Folterspuren wie schlecht verheilte Rippenbrüche oder ausgerissene Zehennägel würden nicht festgestellt, sagte der Jesuitenpater. Am Montag solle etwa ein 66-jähriger Mann nach Russland abgeschoben werden, obwohl unabhängige Ärzte bei ihm eine chronische Schizophrenie diagnostizierten. "Dieser Mann ist schwer krank, und jeder merkt es", sagte Hillenbrand, "jeder - nur nicht der polizeiärztliche Dienst""

Derweil plant die Bundesregierung weitere Gesetzesverschärfungen, wie die taz, um gegen sogenannte Scheinehen vorzugehen. Hier kommen Rasismus und Heteronormativität wie im Lehrbuch zusammen.

Und auch Australien schottet sich wie die taz berichtet, immer weiter gegen Ungewollte ab. Die können dann auch mal im Meer umkommen.

Der Wettkampf um die schärfsten Bestimmungen scheint gerade besonders begehrt unter den Regierungen.

Nachtrag 21.12.10: Die dänische Regierung spielt ganz vorne mit im Wettkampf um die schärfsten Bestimmungen. Die taz berichtet über ein Gesetz, dass nicht-dänischen Wohnungslosen Hilfe verwehrt:

"2007 hat die ob ihrer restriktiven Ausländerpolitik europaweit berüchtigte dänische Regierung das Sozialgesetz geändert. Seither wird Obdachlosenunterkünften, die AusländerInnen aufnehmen, die öffentliche Unterstützung gestrichen. Die Aussicht auf ein Bett oder eine warme Suppe könne ansonsten "Dänemark zur Wärmestube der ganzen Welt machen", begründete die damalige Sozialministerin Karen Jespersen das Gesetz. "

Darauhin hat sich eine private Initiative gegründet, die ohne öffentliche Mittel Hilfeleistungen bietet. Aber auch das lässt der Staat nicht zu:

"Die Herberge von "En Varm Seng" am Axeltorv war vor eineinhalb Wochen Ziel einer Polzeirazzia. Nachts um 3 Uhr holten 30 Polizeibeamte 91 schlafende Menschen aus dem Bett und nahmen 69 von ihnen wegen ihrer ausländischen Herkunft fest. 51 sollten ausgewiesen werden, hieß es erst, später wurde die Zahl 19 genannt. Unter ihnen EU-MitbürgerInnen aus Rumänien, Spanien und Frankreich. "Für Dänemark scheint die Freizügigkeit für EU-Bürger nicht zu gelten", wunderte sich ein 24-jähriger Spanier."

Mit der eingeschränkten Freizügigkeit für EU-Bürger_innen steht Dänemark nicht alleine da. Wann immer EU-Regierungen ungewollte EU-Bürger_innen (Roma, Wohnungslose, Arbeitssuchende, ...) in ihrem Land sehen, schränken sie dieses EU-Grundrecht willkürlich ein.

Nachtrag 23.12.10: Frankreich macht nach wie vor bei dem Wettbewerb mit wie die taz berichtet. Zum einen legalisieren sie jetzt ex post ihre antiziganistische Politik:

"Jetzt wurde für die repressive Politik gegen die Roma aus Osteuropa auch die bisher fehlende gesetzliche Grundlage nachgeliefert: Die unbefugte Errichtung von Zelt- und Hüttenlagern auf öffentlichen oder privaten Grundstücken wird ein Vergehen, für das auch ausländische EU-Bürgern mit einem Landesverweis bestraft werden können. Die Räumung solcher Camps kann künftig von den Polizeipräfekten angeordnet werden. Sie muss den Betroffenen 48 Stunden vorher angekündigt werden."

Zum anderen fühlen sie sich von der Schweizer Abstimmung inspiriert: "nspiriert von einer kürzlichen Volksabstimmung in der Schweiz über die Ausweisung "krimineller Ausländer" hat die rechtskonservative Gruppe "Droite populaire" in der Regierungspartei UMP ganz zuletzt noch mit Erfolg einen Antrag eingebracht, der es gesetzlich erleichtert, verurteilten Ausländern die Rückkehr nach Frankreich zu verbieten."

Nachtrag 26.06.11: Weitere Verschärfungen laut taz in Dänemark.

Nachtrag 11.01.12: Laut taz legt Frankreich mal wieder nach: mehr Abschiebungen, Quoten für Einwanderung, Studierenden aus Nicht-EU-Ausland nach Abschluss keinen Aufenthalt gewähren, Zahl der Migrant_innen verringern (weil die alle kriminell sind), ...

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das Problem darin, die taz als Medium der Anprangerung von offenkundig Menschenverachtendem anzufuehren ist, dass sie, eben als Medium einer 'kritischen alternativen Buergerlichkeit', glaubt, diese Anprangerung wuerde diese Gesellschaft schon aendern und ihnen den Freifahrtschein fuer die 'gute deutsche Leitkultur' verpassen. Das ist das ewige Drangsal des deutschen Buergertums: durch 'Kritik' an eigenen Privilegien und deren Exzess, und man kritisiert im Grunde immer nur den Exzess, niemals die Fudamente dessen, gefaehrdet man nicht seine Privilegien, sondern sichert sie, indem man 'denen da unten' suggeriert, sie duerften zumindest von 'dieser' Seite auf Solidaritaet hoffen, natuerlich erleichtert man dabei auch sein Gewissen. Aber diese Solidaritaet existiert nur auf dem Papier: die Kinder dieser Solidarischen landen in evangelischen Privatschulen, in Interviews wirft man sich (um ja nicht 'unfair' und parteinehmend auszusehen!) Steinbach zu Fuessen und ignoriert 'die anderen', man ist im Grunde genommen stolz, Broder&Sarrazin gross zu praesentieren und die 'anderen' als lustige Ethnokommentatoren und im Urlaub laeuft man kopfschuettend (über die 'Maechtigen') durch die Armenquartiere dieser Welt, um zwei Wochen spaeter per Direktflug zurueckzuduesen und im Feinkostladen im Bergmannkiez bei Artischockencreme abzuhaengen. Und wenn man gut gelaunt ist, macht man sich noch einmal in 'der wahrheit' ueber die Schwarzen und ihre political correctness lustig, so gut geht es uns.

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Stopp
in diesem Beitrag nutze ich die taz ausschliesslich als Quelle von Informationen. Ich behaupte weder, dass die taz auf irgendein Problem hinweist noch dass sie etwas problematisches macht. Es gibt andere Beiträge in dem ich das eine oder das andere mache. Aber hier passt Dein Erguss über die böse taz nicht.

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nun, 'information' ist nie frei von Meinung, am allerwenigsten in den deutschen Printmedien, allein die obige Auswahl von 'Information', ich hatte das als offensichtlich vorausgesetzt, traegt die typische Handschrift der deutschen Öko-Linken: boese sind allenfalls die Exekutive, die CDU-Regierung, das (europaeische) Ausland, das die deutsche CDU jedenfallls noch an Rueckstaendigkeit ueberbietet [ja, ich weiss, auf diese Unwahrheit wiest du hin], aber niemals unsere saturierte Fixation auf Artischockenherzen, Biosenf, Ghetto-Fuehrungen, Videos vom Elend anderer und fairtrade-Trockenfruechte.

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