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Mittwoch, 28. November 2012
Mädchenmordendes Indien
urmila, 17:38h
Im Februar war ich Gast auf einer feministischen Konferenz in Indien und schrieb auf dem Blog suedasien.info unter anderem:
"Im Panel über pränatale (und präzeugungs) Diagnostik (mit Mary John, Anita Ghai, Rennu Khanna und Farah Nagvi) wurde die Verquickung von Kampagnen gegen die Abtreibung weiblicher Föten zum einen mit Anti-Abtreibungs-Kampagnen sowie zum anderen mit eugenischem Aussortieren von unwertem Leben herausgearbeitet. Es wurde kritisiert, dass viele Interventionen gegen die Abtreibung weiblicher Föten letztendlich heteronormativitätsstabilisierend wirken. Für feministische Politiken wurde gefordert, dass nicht an den Syptomen (den Abtreibungen) zu arbeiten sei, sondern die grundlegende Abwertung von Frauen thematisiert und bekämpft werden müsse."
Die Abtreibung weiblicher Föten ist ein gesellschaftspolitisches Thema in Indien, es gibt staatliche Massnahmen dagegen (so ist zum Beispiel die pränatale Geschlechtsbestimmung verboten), es gibt Engagement dagegen und trotzdem gibt es die Praxis weiter. Es ist also ein wichtiges Thema.
So wie Georg Blume das Thema heute in der taz aufgreift, kommt die Diskussion allerdings nicht weiter. Es ist mal wieder einer von Blumes komplexitätsreduzierenden exotisierenden Indienartikeln, die im wesentlichen belegen, wie furchtbar Indien ist. Indem aktuellen Artikel "Eine Frau wehrt sich" tut Blume so, als ob die von ihm porträtierte Mitu Khurana die einzige Inderin wäre, die sich gegen die Abtreibung weiblicher Föten engagiere. Nun könnte es sein, dass Blume es nicht besser weiss (was bedenklich wäre, denn von einem seriösen Journalisten würde ich Recherche erwarten).
Aber dem ist nicht so, im März dieses Jahres hat Blume schon einen Artikel mit der gleichen Protagonistin in der Zeit veröffentlicht und da immerhin auf das gesetzliche Verbot der pränatalen Geschlechtsbestimmung, auf eine Rede des Ministerpräsidenten und weiteres Engagement gegen die Praxis hingewiesen (auch der Artikel ist allerdings pauschalisierend und abwertend). Blume weiss es also besser, was es noch fraglicher macht, warum er im taz so tut als ob Khurana und er die Einzigen wären, die das Thema öffentlich machen.
Befremdlich ist auch, dass die Print-taz auf der Titelseite mit der Schlagzeile "Die Abtreibungsgegnerin" auf den Artikel hinweist. Das schliesst an das Panel bei der feministischen Konferenz an. Der Kampf gegen ein patriarchales System wird missbraucht, um das Recht auf Abtreibung in Frage zu stellen.
"Im Panel über pränatale (und präzeugungs) Diagnostik (mit Mary John, Anita Ghai, Rennu Khanna und Farah Nagvi) wurde die Verquickung von Kampagnen gegen die Abtreibung weiblicher Föten zum einen mit Anti-Abtreibungs-Kampagnen sowie zum anderen mit eugenischem Aussortieren von unwertem Leben herausgearbeitet. Es wurde kritisiert, dass viele Interventionen gegen die Abtreibung weiblicher Föten letztendlich heteronormativitätsstabilisierend wirken. Für feministische Politiken wurde gefordert, dass nicht an den Syptomen (den Abtreibungen) zu arbeiten sei, sondern die grundlegende Abwertung von Frauen thematisiert und bekämpft werden müsse."
Die Abtreibung weiblicher Föten ist ein gesellschaftspolitisches Thema in Indien, es gibt staatliche Massnahmen dagegen (so ist zum Beispiel die pränatale Geschlechtsbestimmung verboten), es gibt Engagement dagegen und trotzdem gibt es die Praxis weiter. Es ist also ein wichtiges Thema.
So wie Georg Blume das Thema heute in der taz aufgreift, kommt die Diskussion allerdings nicht weiter. Es ist mal wieder einer von Blumes komplexitätsreduzierenden exotisierenden Indienartikeln, die im wesentlichen belegen, wie furchtbar Indien ist. Indem aktuellen Artikel "Eine Frau wehrt sich" tut Blume so, als ob die von ihm porträtierte Mitu Khurana die einzige Inderin wäre, die sich gegen die Abtreibung weiblicher Föten engagiere. Nun könnte es sein, dass Blume es nicht besser weiss (was bedenklich wäre, denn von einem seriösen Journalisten würde ich Recherche erwarten).
Aber dem ist nicht so, im März dieses Jahres hat Blume schon einen Artikel mit der gleichen Protagonistin in der Zeit veröffentlicht und da immerhin auf das gesetzliche Verbot der pränatalen Geschlechtsbestimmung, auf eine Rede des Ministerpräsidenten und weiteres Engagement gegen die Praxis hingewiesen (auch der Artikel ist allerdings pauschalisierend und abwertend). Blume weiss es also besser, was es noch fraglicher macht, warum er im taz so tut als ob Khurana und er die Einzigen wären, die das Thema öffentlich machen.
Befremdlich ist auch, dass die Print-taz auf der Titelseite mit der Schlagzeile "Die Abtreibungsgegnerin" auf den Artikel hinweist. Das schliesst an das Panel bei der feministischen Konferenz an. Der Kampf gegen ein patriarchales System wird missbraucht, um das Recht auf Abtreibung in Frage zu stellen.
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Problematische Vergleiche
urmila, 17:14h
Die taz berichtet über den prekären Status von Nachwuchswissenschaftler_innen in Deutschland. Ein wichtiges Thema - an den Unis läuft es richtig schief. Trotzdem sollte mensch vorsichtig sein, wie sie das Problem definiert. Die taz zitiert eine Doktorandin wie folgt:
" "Unmöglich, an die Promotion zu denken, wenn man so viel verdient wie KassiererInnen an der Supermarktkasse"
Was soll das heissen? Wieso kann mensch da nicht an die Promotion denken? Wenn die Kassierer_innen davon leben können, dann müssten es Doktorand_innen auch können (vorallem weil sie Aufstiegschancen haben, die Kassierer_innen nicht haben). Oder aber auch Kassierer_innen können davon nicht leben.
Was will die Doktorandin sagen? Dass ihr Gehalt zu gering ist und sie noch andere Jobs braucht, um über die Runden zu kommen? Dann sollte sie sich mit den Kassierer_innen verbünden. Oder dass die kurzfristigen Verträge ihr keine Planungsperspektive geben? Dann braucht es den Verweis auf Kassierer_innen nicht. Oder dass Forschung nicht ausreichend finanziell gewürdigt wird? Dann lässt sich natürlich klassistisch auf die Kassierer_innen runterschauen.
" "Unmöglich, an die Promotion zu denken, wenn man so viel verdient wie KassiererInnen an der Supermarktkasse"
Was soll das heissen? Wieso kann mensch da nicht an die Promotion denken? Wenn die Kassierer_innen davon leben können, dann müssten es Doktorand_innen auch können (vorallem weil sie Aufstiegschancen haben, die Kassierer_innen nicht haben). Oder aber auch Kassierer_innen können davon nicht leben.
Was will die Doktorandin sagen? Dass ihr Gehalt zu gering ist und sie noch andere Jobs braucht, um über die Runden zu kommen? Dann sollte sie sich mit den Kassierer_innen verbünden. Oder dass die kurzfristigen Verträge ihr keine Planungsperspektive geben? Dann braucht es den Verweis auf Kassierer_innen nicht. Oder dass Forschung nicht ausreichend finanziell gewürdigt wird? Dann lässt sich natürlich klassistisch auf die Kassierer_innen runterschauen.
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