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Mittwoch, 9. Mai 2012
Wozu immer wieder Opferhierarchien?
urmila, 00:35h
Unsere Gesellschaft ist von unterschiedlichen Machtverhältnissen durchzogen und produziert eine ganze Reihe von Ausgrenzungen. Manche dieser Ausgrenzungsverhältnisse bekommen mehr Aufmerksamkeit, andere weniger. Alle sind gewaltvoll und schaffen Ungleichheiten.
Es fällt mir immer wieder auf, dass Menschen, die auf ein bestimmtes Machtverhältnis (oder die Intersektion von bestimmten Machtverhältnissen) hinweisen wollen, dies tun, in dem sie dieses Machtverhältnis (oder diese Intersektion) als besonders ausgeblendet darstellen und behaupten, dass bei anderen Machtverhältnissen viel mehr getan wird. Aktuell ist mir das gerade bei der taz-Berichterstattung letzten Samstag zum 'Aufstand der Dicken' aufgefallen. So zitiert die taz einen Sozialforscher:
"Dicke sind die letzte gesellschaftliche Gruppe, die man ungestraft diskriminieren kann"
Im taz-Kommentar wird behauptet, dass Homophobie und Rassismus in Deutschland sanktioniert würde. Dabei widerlegt sich der Kommentator selbst, wenn er schreibt:
"Und überhaupt findet es kaum jemand diskriminierend, Dicke anzugreifen. Das Vokabular dafür lautet „hänseln“. Wer spräche von Hänseln, würde ein Dunkelhäutiger als N[*] verunglimpft? "
Verunglimpfen ist genauso wie Hänseln ein Euphemismus für die Reproduktion eines gesellschaftlichen Machtverhältnisses. Rassismus und Homophobie sind nach wie vor alltäglich und machtvoll, auch wenn es Menschen gibt, die öffentlichkeitswirksam dagegen ankämpfen. 'Dicke' sind nicht die letzte Gruppe, die ungestraft diskriminiert werden kann, sondern eine von vielen Gruppen, die in unserer Gesellschaft mit alltäglichen Ausgrenzungen kämpfen müssen und kaum erleben, dass Diskriminierungen sanktioniert werden.
Ich verstehe nicht, warum um Aufmerksamkeit auf ein Ausgrenzungsverhältnis zu lenken, immer wieder behauptet wird, andere Ausgrenzungsverhältnisse bekämen (zu) viel Aufmerksamkeit und wären bereits gelöst . Wozu diese Vergleiche und Opferhierarchien?
Im Beispiel heute in der taz wird ein schwarzer Aktivist zitiert:
"Für die Schwarzen, "die Minderheit unter den Minderheiten""
Was soll das heissen die Minderheit unter den Minderheiten? 'Eine Minderheit im Integrationsbeirat' würde ich als Aussage verstehen, weil da tatsächlich eine zahlenmässige Mehrheit von bestimmten Migrationsgruppen gegeben ist. Die Formulierung die Minderheit unter den Minderheiten lässt aber noch andere Bilder aufkommen, sie suggeriert, dass eine Gruppe (in diesem Fall die Schwarzen) besonders marginalisiert ist, mehr als alle anderen.
Diese Vergleiche müssen aber immer hinken, denn natürlich gibt es nicht nur eine Minderheit unter den Minderheiten, sondern viele. Die Aufmerksamkeit liegt auf einigen und auf ganz vielen nicht. Das lässt sich nicht in eine klare Hierarchie bringen.
Entwertet Eure Analysen nicht durch Verleugnen von anderen Machtverhältnissen! Ihr müsst nicht am schlimmsten diskriminiert sein, um Unterstützung in Eurem Kampf bekommen zu können.
Es fällt mir immer wieder auf, dass Menschen, die auf ein bestimmtes Machtverhältnis (oder die Intersektion von bestimmten Machtverhältnissen) hinweisen wollen, dies tun, in dem sie dieses Machtverhältnis (oder diese Intersektion) als besonders ausgeblendet darstellen und behaupten, dass bei anderen Machtverhältnissen viel mehr getan wird. Aktuell ist mir das gerade bei der taz-Berichterstattung letzten Samstag zum 'Aufstand der Dicken' aufgefallen. So zitiert die taz einen Sozialforscher:
"Dicke sind die letzte gesellschaftliche Gruppe, die man ungestraft diskriminieren kann"
Im taz-Kommentar wird behauptet, dass Homophobie und Rassismus in Deutschland sanktioniert würde. Dabei widerlegt sich der Kommentator selbst, wenn er schreibt:
"Und überhaupt findet es kaum jemand diskriminierend, Dicke anzugreifen. Das Vokabular dafür lautet „hänseln“. Wer spräche von Hänseln, würde ein Dunkelhäutiger als N[*] verunglimpft? "
Verunglimpfen ist genauso wie Hänseln ein Euphemismus für die Reproduktion eines gesellschaftlichen Machtverhältnisses. Rassismus und Homophobie sind nach wie vor alltäglich und machtvoll, auch wenn es Menschen gibt, die öffentlichkeitswirksam dagegen ankämpfen. 'Dicke' sind nicht die letzte Gruppe, die ungestraft diskriminiert werden kann, sondern eine von vielen Gruppen, die in unserer Gesellschaft mit alltäglichen Ausgrenzungen kämpfen müssen und kaum erleben, dass Diskriminierungen sanktioniert werden.
Ich verstehe nicht, warum um Aufmerksamkeit auf ein Ausgrenzungsverhältnis zu lenken, immer wieder behauptet wird, andere Ausgrenzungsverhältnisse bekämen (zu) viel Aufmerksamkeit und wären bereits gelöst . Wozu diese Vergleiche und Opferhierarchien?
Im Beispiel heute in der taz wird ein schwarzer Aktivist zitiert:
"Für die Schwarzen, "die Minderheit unter den Minderheiten""
Was soll das heissen die Minderheit unter den Minderheiten? 'Eine Minderheit im Integrationsbeirat' würde ich als Aussage verstehen, weil da tatsächlich eine zahlenmässige Mehrheit von bestimmten Migrationsgruppen gegeben ist. Die Formulierung die Minderheit unter den Minderheiten lässt aber noch andere Bilder aufkommen, sie suggeriert, dass eine Gruppe (in diesem Fall die Schwarzen) besonders marginalisiert ist, mehr als alle anderen.
Diese Vergleiche müssen aber immer hinken, denn natürlich gibt es nicht nur eine Minderheit unter den Minderheiten, sondern viele. Die Aufmerksamkeit liegt auf einigen und auf ganz vielen nicht. Das lässt sich nicht in eine klare Hierarchie bringen.
Entwertet Eure Analysen nicht durch Verleugnen von anderen Machtverhältnissen! Ihr müsst nicht am schlimmsten diskriminiert sein, um Unterstützung in Eurem Kampf bekommen zu können.
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