Donnerstag, 16. Dezember 2010
Privilegierungsbekenntnisse
Veranstaltung Privilegierungsbekenntnisse an der Humboldt-Universität am Dienstag. Der Raum war übervoll. Die Diskussion überraschend wenig Kontrovers.

Die Folien von meinem Vortrag als pdf.

... comment

 
..das Foto verdeutlicht vielleicht, warum ich solche Veranstaltungen an der hippen HU meide wie nur irgendetwas: 'Privilegierungsbekenntnisse' und der Raum ist voll von mit wichtiger Miene ihr Privileg 'reflektierender' Menschen, ich muss das ja sagen: wenn man diesem Prenzlauer-Berg-Kontext entwoehnt ist, ist man prinzipiell misstrausisch, sobald der Anteil der Weissbrot-Fraktion gewisse kritische Werte ueberschreitet, und dieses Misstrauen hat meist seinen guten Grund. Ich kannte mal eine HU-Studentin, die grosser Fan von Bourdieu war, sie las ihn sogar im franz. Original, sie kannte sicherlich auch 'les distinctions'. Gleichzeitig war sie sicherlich der(die)jenige in meinem Bekanntenkreis, die die Distinktion durch Konsum der 'richtigen' Kulturgueter geradezu in den Exzess trieb, sie hatte mich, als wir uns kennenlernten, geradezu ausgefragt: was lese ich, welche Theaterstuecke gefallen mir, welche Kinofilme, was waren meine Gedanken in dieser und jener Ausstellung, ein fortgesetztes Verhoer geradezu und das Ergebnis war fraglos niederschmetternd (fuer mich, oder fuer sie, je nachdem).

... link  

 
Zu wenig erläutert
habe ich wohl diesen Blogbeitrag. Bei der Veranstaltung "Privilegierungsbekenntnisse" ging es genau darum HU-Gender Studies-spezifische ritualisierte Bekenntnispraxen kritisch zu hinterfragen. Die fehlende Kontroverse hat mich gewundert, weil sowohl Isabell Lorey wie ich die gängigen Praxen grundsätzlich in Frage gestellt haben. Mal sehen, was daraus noch folgt.

... link  

 
nein, also Urmila, ich hatte das auch so aufgefasst und es war ja unter dem gegebenen link hinreichend erlaeutert, aber aendert diese Meta-Meta-Reflexion etwas an den bestehenden Verhaeltnissen, fuehlte sich dort jemand angegriffen/ aufgeruettelt oder ist nicht dieses weitere 'meta' nicht vor allem wieder ein neuer Level des Posierens in eigener 'Selbstkritikfaehigkeit'? Ist es nicht genau dieser heimelige Schauer, mit dem genau diese privilegierte Klasse ihren Bourdieu liest um sich im Grunde zu versichern, eben NICHT zu den 'Kleinbuergern' zu gehoeren, eben NICHT den Namen des Schauspielers zu nennen, wenn man nach dem letzten gesehenen Film gefragt wird, sondern den Namen des Drehbuchautors? Was ist denn ein Diskurs ueber Privilegierung wert, wenn das 'Negative' dessen, die Nicht-Privilegierten, einfach gar nicht anwesend sind, weil sie genau wissen, was sie von solchen 'Diskussionen' zu erwarten haben? Das erinnert mich an eine meiner Nachbarinnen, sie wiegt ca. 180 Kilo oder mehr, schiebt sich in Millimeterarbeit ueber den Hof und hat ganz sicher noch nie etwas von Gender-studies ueberhaupt gehoert, nicht auszudenken, was dort los waere, wuerde diese Frau den Raum des schicken HU-Seminars betreten.

... link  

 
@andreas24:
In meinen privilegierten Ohren klingt das jetzt ein wenig "manisch problemsüchtig", wie Arne Priwitz das mal in "Ich war der Märchenprinz" genannt hat. Muss sich die "Weißbrot-Fraktion" bei ihren wohlfeilen Bußübungen auch noch drum kümmern, dass genügend Teilnehmer der ichnennsjetztmal Pumpernickel-Fraktion zugegen sind?

... link  

 
nein, sie muss sich nicht 'auch noch' darum kuemmern, sie kann es gerne dabei belassen, ihre schicken Fressen in solche Seminare zu haengen und sich frueh genug die Berlinale-Tickets fuer das 'Forum' zu sichern. Sie darf sich am Ende nur nicht über solche Kommentare wie die meinigen wundern, die simplerweise bemerken, dass die Welt keine dominanzdeutsche Plastiktulpenschiessbude ist.

... link  

 
So kommt schlussendlich doch jeder zu seinem bisschen Distinktionsgewinn.

... link  

 
(diesen traegen Witz versteht man auch nur unter internationaler Isolation)

... link  

 
ist das nicht auch selbstgefällig?
@andreas24: Ist Deine Kritik an den HU-Studierenden nicht selbst von Selbstgefälligkeit und dem Gefühl der besser Kritisierende zu sein geprägt?

Sich politisch zu positionieren, Verhältnisse zu kritisieren, läuft immer Gefahr, dabei sich selbst als 'gut' und die Anderen als 'schlecht(er)' zu konstruieren. Selbstkritik ist daher bei Kritik ganz essentiell. Aber auch Selbstkritik kann selbstgefällig sein, ganz klar. Daher ist es ein schwieriger Balanceakt. Und ein Prozess auf den mensch sich einlassen muss. Da wiederum sehe ich eine Aufgabe von Universität: diesen Prozess zu befördern, Denkanregungen zu geben. Das war auch der Sinn der Veranstaltung. Wie weit das erfolgreich war, ist schwer zu sagen.

... link  

 
noch einmal: meine Kritik mag eine individuelle Selbstgefaelligkeit etablieren, aber ich bewege mich nicht innerhalb eines institutionalisierten Rahmens von möglicherweise ziemlich selbstgefaelliger Selbstkritik, der fuer die abendlaendische Wissenschaft, wieder moeglicherweise, endemisch ist, will sagen: ich werde nicht von einer Universitaet oder anderen Institution dafuer bezahlt, das Bild von einer 'selbstkritischen' westlichen Oeffentlichkeit zu restaurieren.

Aus meiner Sicht liegen die Dinge einfach zu grundlegend schief, um sie unkommentiert passieren zu lassen, zum Beispiel kann man sich doch die Fragen stellen, welche Mechanismen an der HU Berlin walten, um diese Uni zu einem zweifellos auch innerhalb deutscher Massstaebe weit ueberdurchschnittlich homogenen, und ich meine das in jedem hier diskutierten Sinne, Ort werden zu lassen. Natuerlich sind das dieselben Mechanismen, die dazu fuehren, dass die privilegierten Weltdeuter dort weitgehend 'unter sich' sind und es ganz fernliegend fuer diese ist, sich 'auch noch' um das paritaetische Beisein der 'anderen' zu kuemmern.

Ich will dich hiermit nicht angreifen, Urmila, du agierst innerhalb dessen sicherlich auf die einzig richtige Art, nur man kann sich eben die Frage stellen, ob es richtig ist, von 'innerhalb' dessen zu agieren. Sicherlich ist dem die Frage verwandt, inwieweit man als Vertreter der 'anderen' und taz-autor das dortige Selbstverstaendnis bis zum naechsten brechend-rassistischen Artikel restauriert, gewissermassen als 'bereichernder' Paralleldiskurs zu Sarrazin, legitimiert man damit subtil das Selbstverstaendnis der dominierenden 'Elite'? Man lese, scheinbar offtopic aber eng verwandt, nur all jene australischen Stimmen zur dortigen 'Fluechtlingsgkatastrophe', all das klingt beliebig selbstreflexiv, wohlmeinend, sprich 'gut', und trotzdem stimmt damit etwas nicht, das sich auf sehr grundlegendem Level bewegt, zu grundlegend um vom dortigen mainstream wahrgenommen zu werden. Das erinnert mich auch an jene weissen Kids im Goerlitzer Park, die bei einem rassifizierenden Screening sich daneben stellen und die Polizistenwillkuer geisseln, aber genau wissen, dass ihr weiss-sein sie davor schuetzt, fuer solche Sprueche im Knast gefoltert zu werden und die fuenf Minuten spaeter ihr Dope 'solidarisch' bei denjenigen kaufen, die dazu gezwungen sind, ihr Geld auf diese Weise zu verdienen.

... link  

 
Kennzeichnend für die Veranstaltung
war, dass beide Referentinnen nicht an der HU angestellt sind, dass beide prekäre Wissenschaftlerinnen sind, die mal hier mal dort sind, nie zu wirklichen Internen werden und doch nicht ganz extern sind.

Zwischen affirmativer und radikaler Kritik besteht natürlich ein Spannungsfeld. Sobald ich in einer Institution agiere, stabilisiere ich sie auch. Sobald ich radikal kritisiere, kann ich nicht an Reformen teilhaben. Aus diesem Spannungsfeld kommen wir nicht raus, es braucht sowohl affirmative wie radikale Kritik. Die eine ist nicht besser als die andere, sie setzt nur an einem anderen Punkt an. (Dazu wurde zum Beispiel bei der Konferenz Migrationsforschung als Kritik diskutiert.)

... link  

 
nun gut, ich muss bemerken, dass ich weniger die Referentinnen als das Publikum und die Institution im Visier hatte und ohne das Foto dieser wichtigen Mienen in der ersten Reihe haette ich wohl kein allzu boeses Wort darueber verloren. Dass fuer Reformen 'affirmative Kritik', wie du sie nennst, notwendig ist, halte ich allerdings fuer einen Mythos, sie ist nicht einmal hinreichend, wie siebzig Jahre affirmative Kritik im schoenen D. beweisen. Radikale Kritik kann auch auf eine sukzessive Aenderung von Machtverhaeltnissen hinauslaufen, die letztlich Reformen unabdingbar machen, affirmative Kritik hilft vielleicht vor allem den Kritikern und ihrem Bankkonto und dem Ego von Leuten wie Steinbach, die nunmehr affirmiert glauben dürfen, die 'Heimat-Vertriebenen' der Nachkriegszeit seien ungefaehr die Muslime von heute, schliesslich hat ja niemand widersprochen.

... link  

 
Gleichzeitigkeit
von affirmativer und radikaler Kritik halte ich für notwendig. Die eine braucht die andere um wirksam sein zu können.

Zudem gehe ich davon aus, dass wir uns alle in Strukturen bewegen, die wir durch unser Handeln stabilisieren. Kein_e von uns steht ganz außerhalb. Insofern sind wir alle auch affirmativ in unserer Kritik. Diejenigen, die behaupten, sie seien nur radikal, verklären ihre Position.

Die aufmerksamen Minen auf dem Foto halte ich durchaus für angemessen, um einen Vortrag von Isabell Lorey zu folgen. Da kann ein_e einiges lernen.

... link  

 
in diesem Sinne ist also jede radikale Kritik auf irgendeine Art affirmativ, dem würde ich ja sogar zustimmen, die Frage ist nur, warum man Institutionen stuetzen muss, die alle Nase lang durch boese und ziemlich geplante rassistische Ausfaelle auffallen und in 'kontroversen' Diskussionen vor lauter Respekt vor den etablierten Autoritaeten ihre Fragen fast auschliesslich an diese richten um 'die anderen' als die ewigen Widersprecher, nicht als die Deuter, die ihrerseits widerlegt werden muessen, anzufuehren. Es fehlen einfach Institutionen, die die Macht und Autoritaet haben, von der Dominanzgesellschaft 'widerlegt' werden zu muessen, nicht umgekehrt und an der Schaffung solcher Institutionen muss man arbeiten, nicht an der n-ten Legitimation der falschen Institutionen, niemand braucht Orte wie etwa die HU Berlin wirklich, an denen das Preussische Erbe noch heute jeden Tag durchschimmert, und zwar bis in die kleinsten Einheiten des wissenschaftlichen Betriebes hinein, dass es einen nur graust, und entschuldigung, ich kann das in diesem Falle in der Tat beurteilen.

... link  

 
Mich hat die HU
und insbesondere die Gender Studies dort weitergebracht, auch wenn ich einiges zu kritisieren habe.

... link  


... comment
 
Fotos?
Um welches Foto geht es denn in den Beiträgen von Andreas?

... link  

 
Das Foto
war von der Veranstaltung und ist gelöscht.

... link  


... comment


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.