Donnerstag, 16. Juli 2015
Gleichberechtigung
Eine Stellenausschreibung von einer Fakultät für Soziale Arbeit. Gesucht wird ein(e) "Wissenschaftliche/-n Mitarbeiter/-n" für den Bereich "„Interkulturalität in der Sozialen Arbeit unter besonderer Berücksichtigung von Gender und Diversity“. Eine volle Stelle, befristet bis Anfang 2020. Für den Wissenschaftsbereich nicht schlecht. In einem thematischen Bereich, in dem besonders Nicht-Cis-Männer engagiert und qualifiziert sind. Und dann steht doch tatsächlich in der Stellenausschreibung:

"An der Ostfalia Hochschule für angewandte
Wissenschaften sind Männer in dieser Entgeltgruppe unterrepräsentiert. Basierend auf dem Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz (NGG) sind daher Bewerbungen von Männern besonders erwünscht."


Da scheint ein Gleichberechtigungsgesetz, blödsinnig formuliert zu sein. Gleichberechtigung bedeutet ja nicht (bzw. sollte es zumindest nicht), dass auf allen Entgeltstufen in spezifischen Berufen gleich viele Frauen und Männer vertreten sind, sondern dass gegen die strukturelle Diskriminierung von Nicht-Cis-Männern auf allen Stufen vorgegangen wird. Was ist gesellschaftlich dadurch gewonnen, wenn in den frauendominierten Berufsfeldern Männer bevorzugt werden? Die große Anzahl von Frauen in diesen Feldern würde dann abgebaut, wenn die Diskriminierung von Frauen in anderen Feldern abgebaut wird, sie also eine Chance bekommen, auch andere Berufe zu ergreifen und wenn sowohl Frauen wie Männer weniger zu einer geschlechtsspezifische Berufswahl geprägt, gedrängt werden. Nicht-Cis-Männern aber auch noch in den Bereichen, wo sie Anstellungsmöglichkeiten haben, dies zu erschweren, dient sicher nicht der Gleichberechtigung.

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Sonntag, 12. Juli 2015
Krawall produzieren
Die taz berlin hat den Pressesprecher der Berliner Bäderbetriebe Matthias Oloew zu den Berichten über Krawalle im Columbiabad interviewt. Oloew setzt die (RBB-)Berichterstattung in Bezug zu dem Geschehen aus der Perspektive der Bäderbetriebe und kommt zu dem Schluß:

Erstens, die Berichterstattung bauscht Vorkomnisse auf und lässt sie problematischer erscheinen als sie waren. Zweitens, Medien produzieren Probleme. Im konkreten Fall ist der RBB ohne Absprache im Columbiabad erschienen, hat durch seine Präsenz Aufregung produziert und dann auch noch selbst die Polizei gerufen. Drittens, nutzen sie für die Berichterstattung altes Bildmaterial, um zu skandalisieren.

So sind die Medien aktiv daran beteiligt, Probleme zu produzieren, produzieren damit auch rassistische Hetze und sorgen durch ihre "kriminalisierende Berichterstattung" (O-Ton Oloew) weitere Ausgrenzung von bereits ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen.

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Donnerstag, 2. Juli 2015
Ganz Afrika
Ich liege bei meiner Physiotherapeutin auf der Packung. Entspannend. Sie fängt in der Nachbarkabine eine Behandlung an und spricht mit dem Patienten. Einfühlsam und unterstützend wie immer.

Das Problem ist nur, der Patient lässt seinen gesamten Lebensfrust raus. Alles ist zu teuer. Die Geschäfte nehmen einen aus. Zur Kur geht er nach Ungarn, weil es in Deutschland zu teuer ist. Aber zu Silvester essen die seltsame Dinge, das hat ihm nicht gefallen. Und dann kommt noch ganz Afrika und ganz Asien nach Deutschland. Da muss man sich nicht wundern, wenn Asylbewerberheime angesteckt werden. Die Physiotherapeutin ist durchgehend zustimmend.

Meine Entspannung schwindet immer mehr. Ich habe das Bedürfnis aufzuspringen und wegzugehen. Stattdessen mische ich mich ins Gespräch ein. Sage, dass sie aufpassen sollten, weil Asien schon im Raum sei. Ich will nur, dass sie aufhören.

Die Physiotherapeutin fragt nach, wieso Asien, wo ich den herkomme, dass man mir das gar nicht ansieht, wann ich hergekommen bin und dass man meiner Sprache anhört, dass ich hier geboren bin. Dann fangen die beiden ein Gespräch über Indien und wie schlimm das da ist an. Ich widerspreche. Der Patient kommt wieder zurück auf ganz Afrika (ganz Asien lässt er jetzt weg). Ich widerspreche wieder und formuliere jetzt, dass ich mich bei dem rassistischen Reden unwohl fühle. Die Physiotherapeutin weisst jetzt daraufhin, dass der Patient ein Hörgerät hat (Probleme mit Hören gab es allerdings nicht) und beendet sehr bald seine Behandlung.

Als sie dann zu mir kommt, reden wir gar nicht darüber. Sie macht wie gewohnt eine einfühlsame Behandlung.

Vor der Verabschiedung sage, ich dass ich es schwer erträglich fand. Sie verweist auf das hohe Alter des Patienten und das man mit ihm nicht diskutieren könne.

Da hat sie sicher recht. Ich verstehe auch, dass sie bei Behandlungen nicht in Konflikte geht, denn schliesslich geht es um Entspannung. Was ihr aber wohl nicht ausreichend klar ist, dass sie mit diesem Handeln andere Zuhörende sehr anspannen kann.

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Samstag, 27. Juni 2015
Kreuzberger CSD
Kreuzberger CSD 2015


Aus dem Aufruf "Keine pinke Camouflage – Queer bleibt RADIKAL":

"Gemeinsam gehen wir auf die Straße – für ein selbstbestimmtes Leben und für die Emanzipation von einem System, das Menschen ausgrenzt, abschiebt, stigmatisiert, pathologisiert und diskriminiert! Wir lassen uns nicht instrumentalisieren und gegeneinander ausspielen!"

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Samstag, 27. Juni 2015
Staatsangehörigkeit entziehen
Wieder einmal werden Gründe gesucht, Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. Laut taz sollen IS-Kämpfer mit doppelter Staatsangehörigkeit ihren deutschen Pass verlieren.

In einem taz-Kommentar argumentiert Christian Rath, wie diese Regelung weniger der Verhinderung von Terrorismus und mehr der Ausgrenzung von Mehrstaatler_innen dient:

Der drohende Verlust der Staatsangehörigkeit wird niemanden davon abhalten, in den Kampf zu ziehen. IS-Kämpfer machen sich sowieso strafbar. Jenen, die ausschliesslich die deutsche Staatsangehörigkeit haben, kann diese nicht entzogen werden.

Und so schliesst Rath:

"Doch schon vor seiner ersten Anwendung hätte ein derartiges Gesetz kontraproduktive Wirkung. Allen Doppelstaatlern würde mal wieder gezeigt, dass sie Deutsche zweiter Klasse sind und dass ihre Staatsbürgerschaft jederzeit zur Disposition der deutschen Politiker steht."

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Dienstag, 23. Juni 2015
Internationaler Yoga Tag
Die Medien sind voll. Auch die sozialen Medien. Alle Welt macht Yoga. Zusammen an einem Tag. Durchgesetzt hat das der Premierminister Indiens, Narendra Modi. Der hat auch mitgemacht am Yoga Tag. Und eine Ansprache gehalten. Die wurde unter anderem am Brandenburger Tor übertragen. Mit Yoga-Matten davor.

Wissen die ganzen Yoga-Machenden eigentlich, wer da zu ihnen spricht? Wer Yoga zum Teil seines hindu-nationalistischen Indiens macht? Wie geht die ganze friedfertige Rhetorik des Yoga(-Tages) zusammen mit der Politik der Hindu-Nationalist_innen rund um Modi? Mit Pogromen gegen Muslim_innen und andere Marginalisierte? Mit Heterosexismus und Chauvinismus in jeglicher Form?

Meine aktivistischen FB-Freund_innen aus Indien haben alle nicht zum Yoga-Tag aufgerufen. Ganz im Gegenteil, sie haben zum Boykott aufgerufen, um die nationalistische Vereinnahmung von Yoga zu verhindern. In deutschen Medien habe ich davon nichts mitbekommen. Wie allgemein Kritik an Modi kaum geäußert wird.

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Sonntag, 21. Juni 2015
Coming in
In einem Videoregal eines großen Technik-Geschäfts.


Kürzlich schaute ich mir die Videoauswahl in einem der großen Technik-Geschäfte an. Gleich zwei Filme mit dem Titel "Coming in" waren im Angebot. Und beide beschäftigten sich damit, dass Schwule Hetero werden. Kann es natürlich geben. Spannend ist aber doch, dass gleich mehrere Filmemacher_innen das Bedürfnis haben, auf diese Weise die Hetero-Welt wieder zurecht zu rücken.

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