Donnerstag, 27. März 2014
Rassismus auf dem Ausbildungsmarkt
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration hat eine Studie Diskriminierung auf dem Ausbildungsmarkt gemacht. Die Studie selbst habe ich nicht gelesen, aber Berichterstattung von der taz und dem Mediendienst Integration. Die Studie zeigt laut der Berichterstattung, dass bei ansonsten identischen Bewerbungen jene von Jugenlichen mit 'deutschen' Namen signifikant erfolgreicher sind und wertschätzender behandelt werden als jene von Jugendlichen mit 'türkischen' Namen. Da die natio-ethno-kulturell zugeschriebenen Namen der einzige Unterschied sind, deutet das klar auf rassistische Ausgrenzung hin. Der Begriff Rassismus/ rassistisch/ etc. kommt aber weder in der taz noch beim Mediendienst Integration noch in der Studie (wie eine Suche im Dokument zeigt) vor. Wie üblich werden wieder andere Begründungen gesucht bzw. Rassismus massenkompatibel umschrieben. In der taz schreibt Daniel Bax:

"Gründe für die Ungleichbehandlung gibt es viele. Die Bewerber mit türkischem Namen würden nicht gezielt ausgesiebt, glauben die Forscher, meist gäbe ein Bündel an Faktoren den Ausschlag: Unsicherheit, Vorurteile und Befürchtungen von der Sorte: Was werden die Kunden denken? Werden die Kollegen damit klarkommen? Manchmal beruht die Ablehnung ganz einfach auf fehlender Erfahrung."

Was die Forscher_innen glauben, lässt sich mit Rassismus beschreiben. Der muss nicht bewusst sein, funktioniert aber über Vorstellungen, Befürchtungen, Bilder, etc. und schafft Sicherheit. Nicht Erfahrung hilft dagegen sondern Rassismuskritik. Aber dazu muss Rassismus erst einmal benannt werden.

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Gedenkort abgerissen
Die taz berlin hat berichtet, dass am Montag der Kiehlsteg in Neukölln abgerissen wurde (zur Vorgeschichte siehe auch taz vom 14.03.14). Abgerissen werden sollte er laut taz von letzter Woche:

"Laut Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sagte Gaebler, er wolle "keine Ressourcen für eine Sanierung oder Alternativkonzepte" einsetzen, weil der Steg "verkehrlich nicht erforderlich" sei. "

Verkehrlich erforderlich heisst hier wohl: erforderlich für den motorisierten Verkehr. Denn der hat seit dem Mauerfall wieder die Lohmühlenbrücke. Der Kiehlsteg war ausschliesslich eine Fußgänger_innenbrücke, die auch von Radfahrenden genutzt war.

Erhaltenswert wäre der Kiehlsteg aber gerade wegen seiner verkehrlichen Nicht-Notwendigkeit gewesen. Denn diese konnte immer wieder zum Nachdenken anregen, warum es denn die Brücke gab. Sie wurde errichtet, weil die Lohmühlenbrücke nicht passierbar war (dort verlief die Mauer), es aber Neuköllner Häuser auf der anderen Seite des Kanals gab, die von West-Berlin erreicht werden mussten. Die kleine Brücke hat diesen Zugang gewehrt. Es scheint so als ob dieses Denkmal der Teilung mit relativ wenig Geld hätte saniert werden können. Aber wahrscheinlich war es ein zu unscheinbares, zu wenig touristisch vermarktbares Denkmal, um erhaltenswert zu sein.

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Mittwoch, 26. März 2014
Mehr Ausgrenzungen
"Absolut gesehen ist das Problem des Missbrauchs durchaus kleiner als häufig dargestellt" sagt Innenminister Thomas de Maizière laut taz. Trotzdem soll das Aufenthaltsrecht für EU-Bürger_innen und ihr Recht auf Freizügigkeit weiter begrenzt werden. Rassistischer Populismus, der wenig mit realen wirtschaftlichen Problemen zu tun hat wie der Mediendienst Integration argumentiert.

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Wahlrecht und Staatsbürger_innenschaft
Die taz berichtet, dass der Bremer Staatsgerichthof ein Bremer Gesetz gestoppt hat, dass ausländischen Staatsbürger_innen ein Wahlrecht in Bremen gegeben hätte.

"Wie schon das Bundesverfassungsgericht verwies auch der Staatsgerichtshof auf das Staatsbürgerschaftsrecht. Wer mitwählen wolle, so die Argumentation, müsse sich einbürgern lassen. Das deutsche Staatsvolk könne sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassen und sei nicht unveränderbar. "

Ist das ein Plädoyer für vereinfachte Einbürgerungen?

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Sonntag, 23. März 2014
Verschiedene Geschwindigkeiten
bei der Umsetzung von Koalitionsvereinbarungen stellt Christian Jakob in der taz:

"So gibt es für Flüchtlinge eine Politik der zwei Geschwindigkeiten: Was sie fernhält, geht schnell – was ihnen nützt, dauert oder kommt gar nicht."

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Donnerstag, 20. März 2014
Jüdische Museum: InderKinder
Zur Lesung aus den InderKindern heute Abend in der Akademie des Jüdischen Museums Berlin wurden Nisa Punnamparambil-Wolf und ich Drei Fragen zum Buch gestellt.

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Mittwoch, 19. März 2014
Model minority
Wenn zwei Jura-Professor_innen, die sehr erfolgreich sind - und sich zu einer Minderheit zählen -, sich hinsetzen und aufschreiben, warum bestimmte natio-ethno-religio-kulturelle Minderheiten besonders erfolgreich sind, dann besteht die Gefahr, dass da kulturalistischer kulturkämpferischer neoliberaler model minority-Diskurs rauskommt. Lesen will ich das nicht. Vor allem nicht, weil Daniel Bax das schon gemacht hat und eine vernichtende Rezension in der taz (kulturalistisch, etc.) geschrieben hat.

Bax erklärt, dass Amy Chua und Jeb Rubenfeld anders als Sarrazin keine Gene als Begründung nehmen, kreativen Umgang mit Zahlen scheinen aber auch sie zu pflegen:

"Die Auswahl der acht Gruppen, die Chua und Rubenfeld hervorheben, wirkt deshalb recht willkürlich. Um sie zu rechtfertigen, zitieren sie Statistiken, die zu ihrer These passen, reihen Verallgemeinerungen aneinander und lassen alle Fakten weg, die stören könnten."

Besonders erfolgreich sind in den USA laut den beiden übrigens:

"Zu Chuas und Rubenfelds persönlichen Top Eight gehören Chinesen und Juden - die beiden Gruppen, denen sie selbst angehören -, aber auch Iraner, Libanesen, Nigerianer, Kubaner und sogar Mormonen zählen sie dazu."

Interessante Zusammenstellung. Welches ist die achte Gruppe? Bestimmt die Inder_innen! Die sind nämlich auch ganz toll erfolgreich. Nach Sarrazin müssten aber auch noch die Vietnames_innen dazu.

Was heisst das eigentlich, wenn in verschiedenen Ländern verschiedene Migrant_innengruppen erfolgreich sind. Haben dann die erfolglosen Libanes_innen/ erfolgreichen Vietnames_innen in Deutschland (siehe Sarrazin) eine andere (Herkunfts-)Kultur als die erfolgreichen/ erfolglosen in den USA (siehe Chua und Rubenfeld)?

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Freitag, 14. März 2014
Syrien
"Wo sind die Hunderttausenden Demonstranten geblieben, die im Sommer 2011 auf den Straßen von Hama, Deir ez-Zor und Homs nach Freiheit und Würde riefen? Was ist aus den Aktivisten geworden, die Plakate malten, Wackelvideos filmten und in Sprechchören die Einheit des syrischen Volkes beschworen? Sie sind, könnte man meinen, verschwunden, tot, vertrieben, besiegt oder mindestens bedeutungslos. Aber das stimmt nur zum Teil. "

beginnt die taz und berichtet, dann über das Engagment der revolutionären Aktivist_innen, die für ein anderes Syrien kämpfen. Auch wenn sie in den Medien kaum noch vorkommen, sind sie noch da. Die taz sieht darin Potential für die Zukunft Syriens:

"Willkürlich herrschende Gotteskrieger, dauerhafter Raketenbeschuss und systematisches Aushungern – wer in solchem Klima über Frauenrechte debattiert, Seminare zur Traumabewältigung abhält und Kriegsverbrechen dokumentiert, lässt sich auch in Friedenszeiten nicht mehr bevormunden. "

Nachtrag 15.03.14: Ein taz-Interview mit Elias Perabo zu Adopt a Revolution.

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Mittwoch, 12. März 2014
Diskriminierung
Der taz Hausblog von einem Arbeitsgerichtsprozess gegen die taz. Ein Mann mit Migrationshintegrund fühlt sich diskriminiert, weil die taz eine Volontariatsstelle für Frauen mit Migrationshintergrund ausgeschrieben hat.

"Nach der Verhandlung gab es noch eine Plauderei im Gerichtssaal. Es gebe selten solche Klagen wegen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, sagte der Richter. Die Arbeitgeber wüssten, wie man Stellenausschreibungen so formuliert, dass sie nicht in den Verdacht kommen, damit gegen das Gesetz zu verstoßen. „Als Arbeitgeber hätte ich das nie so gemacht”, sagte der Richter über die taz-Ausschreibung.

Andere Unternehmen schreiben in ihre Stellenausschreibungen, dass zum Beispiel Frauen oder Behinderte “bevorzugt eingestellt” werden oder dass deren Bewerbung “besonders willkommen” ist. Der taz-Justiziar entgegnete: “Wir wollten aber eine deutliche Haltung zeigen.”"


Das zeigt, wie schwierig affirmative action, also die gezielte Förderung von Menschen aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen in Deutschland ist. Zu viele Menschen halten das für Diskriminierung (die Kommentare im taz Hausblog zeigen fast alle ablehnende Haltung gegen über affirmative action). Zu wenige sind bereit, strukturelle Ungleichheiten auszugleichen.

Dabei wirken solche Ausschreibungen wie jene der taz auch über diejeweilige Einstellung hinaus. So ist mir aufgefallen, dass die taz Frauen mit Migrationshintergrund fördern will (wenn vielleicht auch mit problematischen Mitteln wie schlecht bezahlten Volontariaten). Das habe ich mir gemerkt, auch wenn ich kein Volontariat machen will. Der Lösungsvorschlag des Richters ist also keiner. Der zeigt tatsächlich keine Haltung.

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